November 2022 – Ausgabe 40

Vordere Kreuzbandverletzungen beim Basketball

Schmitt

Prof. Dr. med. Holger Schmitt
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Schlüsselwörter: Basketball, vorderes Kreuzband, VKB-Ruptur, Sportfähigkeit, Prävention

Die hohe Dynamik und das zunehmend schnellere Spiel führen beim Basketball zu einer steigenden Verletzungsgefahr. Insbesondere an Sprung- und Kniegelenken finden sich die häufigsten Verletzungen. Die beim Basketball zu erwartende Wiederaufnahme der Belastung nach vorderer Kreuzbandruptur liegt bei optimaler Betreuung etwa bei 8-9 Monaten nach operativer Versorgung.

Hohe Dynamik und schnelles Spiel erhöhen die Verletzungsgefahr beim Basketball

Basketball ist ein sehr intensiver Sport, der durch hohe aerobe und anaerobe Belastungen gekennzeichnet ist und besondere sportartspezifische Bewegungen beinhaltet. Schnelle Richtungsänderungen, Beschleunigungen und Abbremsmanöver auf kurzen Strecken, Sprünge, Sprints, direkter Gegnerkontakt und weitere spezielle Bewegungsabläufe beeinflussen die Verletzungsrate. Traditionell wird Basketball in der Halle mit jeweils fünf Spielerinnen bzw. Spielern pro Mannschaft ausgeübt, wobei die im Freien ausgeübte „Drei-gegen-Drei“- Variante zunehmend Verbreitung findet, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass seit den Olympischen Spielen 2020/ 2021 in Tokio 3×3-Basketball eine zusätzliche olympische Disziplin darstellt. Weltweit spielen aktuell ca. 450 Millionen Menschen Basketball.

Verletzungsverteilung

Fast die Hälfte der Verletzungen ereignen sich durch direkten Kontakt mit dem Gegner, ca. ein Viertel ohne Gegnerkontakt, knapp 20 Prozent als Folge eines Überlastungsschadens und ca. 5 Prozent als Kontaktverletzung mit einem Gegenstand. Drei Viertel der Verletzungen betreffen die untere Extremität. Sprunggelenkverletzungen kommen mit ca. 35 Prozent am häufigsten vor; die schwerwiegendsten Verletzungen betreffen jedoch die Kniegelenke: 40 Prozent aller Kniegelenkverletzungen führen zu Bandverletzungen oder/und Beteiligung der Knorpel- bzw. Meniskusstrukturen.

Auch Schädelverletzungen treten auf, spielen mit ca. 3 Prozent aller Verletzungen in der Gesamtheit eine unter- geordnete Rolle. Das Verletzungsrisiko im Wettkampf ist deutlich höher als im Training.

VKB-Ruptur

Rupturen des vorderen Kreuzbandes haben für den Spieler oder die Spielerin erhebliche Folgen. Bei instabilen Situationen wird zur operativen Stabilisierung geraten, die häufig erst nach monatelanger Rehabilitation zur Wiederaufnahme des Trainings und des Wettkampfes führt. Wissenschaftliche Untersuchungen an Athleten der amerikanischen Profiliga NBA konnten zeigen, dass bei optimaler Rehabilitation 90 Prozent der Spielerinnen bzw. Spieler nach acht Monaten wieder auf dem Feld stehen und am Wettkampf teilnehmen.

Rückkehr zum Sport ist positionsabhängig

Bei denjenigen, deren Spielposition unter dem Korb oder in Korbnähe besteht (Position 4 und 5 des Teams), ist die Rückkehrquote höher als bei Aufbauspielern (Position 1) oder Flügelspielern (Position 2 und 3). Die unterschiedlichen sportartspezifischen Belastungen scheinen hier eine Rolle zu spielen:
Die großen und schweren Spielerinnen bzw. Spieler in Korbnähe müssen zwar eine gewisse Gewandtheit aufweisen und sich mit Körperdruck mit dem Gegner auseinandersetzen. Bei diesen Spielern kommt es daher häufiger zu direkten Kreuzbandverletzungen durch den Gegnerkontakt. Bei Aufbauspielern und Flügelspielern, die häufig kleiner, dafür aber schneller sind, kommt es häufiger zu „stop and go“- Belastungen, bei denen ohne direkten Gegnerkontakt Verletzungen beim Abbremsen bzw. bei Richtungsänderungen mit Rotation auftreten. Da die sportartspezifischen Anforderungen an diese Spielerinnen bzw. Spieler in ihren Positionen unterschiedlich sind, kommen Spielmacher mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit und auch etwas später wieder auf das Spielfeld zurück.

Betrachtet man die operative Versorgung der Spielerinnen und Spieler, finden sich in der Literatur keine wesentlichen Unterschiede bezüglich Transplantatwahl und Nachbehandlung. Am häufigsten werden in Europa Sehnen aus der Kniebeugeregion (Hamstringsehnen, z. B. Semitendinosus-Sehne) verwendet, in weniger als 20 Prozent der Fälle oder bei Revisionen kommen Teile der Patella- oder Quadrizepssehne zum Einsatz. Studien konnten zeigen, dass ein Jahr nach Operation keine wesentlichen Unterschiede in den Outcomeparametern bestehen, auch die Rerupturrate ist vergleichbar.

In den Vereinigten Staaten werden häufig auch Allografts verwendet, d. h. Leichentransplantate, die in den Ergebnissen allerdings etwas hinter den körpereigenen Transplantaten rangieren. Alle Transplantate werden üblicherweise arthroskopisch operiert, was allein aufgrund des geringeren Gelenktraumas bei der Operation zu bevorzugen ist.

Verzögerungen im Heilverlauf und damit häufig verbunden ein späterer Wiedereinstieg in den Sport findet man bei ausgeprägten Begleitverletzungen, wie z. B. Knorpel- oder Meniskusverletzungen. Sind Knorpelzelltransplantationen erforderlich oder kommt es zu einer Refixation eines abgerissenen Meniskusabschnittes, müssen über mehr als vier, teilweise bis zu acht Wochen Unterarmgehstützen zur Entlastung des operierten Beines eingesetzt werden, sodass ein konsequenter Muskelaufbau erst spät einsetzen kann.

Volle Sportfähigkeit ist immer erst dann gegeben, wenn nahezu seitengleiche Muskelverhältnisse bestehen, keine wesentliche Bewegungseinschränkung vorhanden ist, die Kniegelenke stabil sind und auch die Koordination wieder fast normal wiederhergestellt ist. Verschiedene Testverfahren dienen heute dazu, die Leistungsfähigkeit und Funktion der operierten Kniegelenke im Vergleich zur unverletzten Seite zu objektivieren.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Athleten, dem Physiotherapeuten, dem behandelnden Arzt, dem Fitnesstrainer und dem Teamcoach ist erforderlich, um alle Schritte gemeinsam zu besprechen und die/den Athletin/ Athleten möglichst frühzeitig, aber auch möglichst sicher wieder zum Einsatz zu bringen und einer erneuten Verletzung vorzubeugen. Zahlreiche Studien konnten belegen, dass ein Präventionstraining in der Vorbereitungszeit auf eine Saison in bis zu 50 Prozent die Häufigkeit von schweren Kniegelenkverletzungen reduzieren konnte.

Basketball ist ein hochintensiver Sport, der alle motorischen Beanspruchungsformen wie Kraft, Schnelligkeit, Koordination, Beweglichkeit und Ausdauer in hoher Ausprägung erfordert, um ihn leistungsstark auszuüben.