November 2022 – Ausgabe 40

Verletzungen im Eishockey

Dr. med. Guido Volk
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Schlüsselwörter: Eishockey, Verletzungsrisiko

Eishockey gilt als die schnellste Mannschaftssportart der Welt. Entsprechend ist das Verletzungsrisiko im Wettkampf (Inzidenz pro 1000 Stunden Wettkampf) im Vergleich zu anderen Mannschaftsportarten wie Fußball, Handball oder Basketball mit Abstand auch am höchsten (Abb. 1). Die Verteilung des Auftretens von Verletzungen im Vergleich von Training (28 %) zu Wettkampf (72 %) zeigt, dass beim Kampf um Punkte und um die Meisterschaft ein kompromissloser Körpereinsatz stattfindet.

Die gefährlichste Spielerposition haben die Verteidiger inne. Für sie besteht die höchste Wahrscheinlichkeit, sich mindestens einmal in der Saison zu verletzen (72,1%). Allerdings, so die Statistik, verletzen sich die Mittelstürmer (Center) mit durchschnittlich 2,03 Verletzungen pro Saison am häufigsten. Überraschenderweise ist die ungefährlichste Position die des Torhüters.

Knapp 19 Prozent der Verletzungen betreffen den Kopf. Nahezu gleichauf folgen Oberschenkel-, Schulter- und Kniegelenksverletzungen mit jeweils um die 10 Prozent (Abb. 2).

Betrachtet man neben der reinen Häufigkeit auch die Ausfallzeiten als Indikatoren für die mögliche Verletzungsschwere, so kristallisieren sich neben den Kopfverletzungen insbesondere die Schulterverletzungen als eine zentrale Ursache für längerfristige Ausfallzeiten (23 % aller Arbeitsunfähigkeitstage) von Profi- Eishockeyspielern heraus.

Ursachen, Mechanismen und Verletzungssituationen im Eishockey

Bei knapp der Hälfte aller Verletzungen war der verletzte Spieler selbst in Puck-besitz. Nimmt man die Situation mit Puckbesitz des direkten Gegenspielers (21,1 %) und den unklaren Puckbesitz (Zweikampf um den Puckbesitz) (8,7 %) hinzu, so lässt sich resümieren, dass rund 4/5 aller Verletzungen (79,7 %) im Puckbesitz oder in einer Zweikampfsituation um den Puck entstehen.

Das Vorwärtsgleiten (Skaten), unabhängig von der Eishockey-spezifischen Spielaktion, war das mit Abstand am häufigsten auftretende Bewegungsmuster zum Verletzungszeitpunkt (34,4 %). Die häufigste Spielaktion des verletzten Spielers zum Verletzungszeitpunkt ist der Pass mit 23,8 Prozent; geblockte Schüsse sind – trotz der Schutzausrüstung der Spieler – mit fast 13 Prozent eine sehr stark vertretene Verletzungssituation.

Mehr als 3/4 aller Verletzungen (76,5 %) wurden als direkte Kontaktverletzungen eingestuft, wobei sich wenig überraschend die drei großen Problemregionen führend wiederfinden: So sind 96,3 Prozent aller Kopfverletzungen signifikant auf einen direkten Verletzungsmechanismus zurückzuführen, während Verletzungen der Schulter ebenfalls mit hohen 85,1 Prozent im Direktkontakt zustande kommen und sich auch die Verletzungen des Kniegelenks mit immerhin 60 Prozent aller Fälle aus einem direkten Kontakt ergeben.

Schulterverletzungen im Eishockeysport

Schulterverletzungen ereignen sich typischerweise als Folge von direkten Kollisionen beim Kampf um den Puck mit dem Gegenspieler und/oder der Bande. Ursächliche direkte Checks sind vor allem bei der Puckführung und dem Vorwärtsgleiten zu beobachten, während Abstoppbewegungen und Puckprotektion in Bandennähe (Bande = der um die Eisbahn gezogene Sicherheitsbandenabschluss) häufig zu einer Verletzung durch Kollision mit dem Gegenspieler und/oder der Bande führen. Für beide Muster ist aber bei fast 80 Prozent kein Foulspiel zu beobachten, da im Eishockey ein Check mit angelegten Armen erlaubt ist. Typische Verletzungsfolgen einer entsprechenden Aktion sind Schultereckgelenksverletzungen. Insbesondere die dadurch mögliche Zerreißung des korakoklavikulären Bandapparates und der Gelenkkapsel führen zu einer Schultereckgelenkssprengung (Abb. 3a, b und 4a, b).

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die häufigsten Verletzungslokalisationen im Eishockey den Kopf betreffen, gefolgt von Schultergelenk, Oberschenkel und Kniegelenk. Im Hinblick auf die Wettkampfausfallzeiten ragen Schulterverletzungen mit 23 Prozent im Vergleich zu allen anderen Verletzungen heraus. Dabei zählt die Schultereckgelenkssprengung zur typischen Schulterverletzung im Eishockey. Insbesondere beim Vorliegen einer horizontalen und vertikalen Instabilität wird eine operative Therapie zur Erlangung einer zeitnahen und andauernden Belastungsstabilität bei Eishockeyspielern empfohlen.