Mai 2021 – Ausgabe 37

Frauen sehen älter aus, bekommen plötzlich Schweißausbrüche und sind andauernd von schlechter Laune geplagt. Typische Assoziationen, die Menschen in Verbindung mit den Wechsel­jahren oder der sogenannten Menopause bringen. Meist nega­tiv behaftete Aussagen, die aufgrund von geschichtlichen und zeitlich weit zurückliegenden Irrtümern und Unwissenheit auch heute noch weit verbreitet sind. Aber was genau passiert in dieser Zeit mit Frauen? Welche hormonellen Prozesse laufen ab und wie wirkt sich das auf das Allgemeinbefinden aus? Können Frauen, trotz ihres Alters und der körperlichen Veränderungen, sportliche Erfolge feiern? Wie und was sollte eine Frau in dieser Phase ihres Lebens trainieren? Alles Fragen, auf die wir in fol­gendem Artikel gerne eingehen möchten.

Was versteht man unter Menopause?

Die Wechseljahre einer Frau beschreibt man auch als den Über­gang des normalen 26­- bis 40­-tägigen weiblichen Zyklus. Das Einsetzen der Wechseljahre hängt sehr stark von der Genetik und dem Lebensstil ab. Sie beginnen mit der „Perimenopause“. Diese kann bis zu 10 Jahre dauern. Im Schnitt liegt sie aber zwi­schen 4 und 5 Jahren und definiert den Zeitraum, bis die Menstruation tatsächlich aussetzt. In dieser Zeit verändert sich der weibliche Körper auf eine Weise, die oft nicht ganz greifbar ist. Training und Ernährung funktionieren auf einmal nicht mehr richtig, es kommt häufig zu Schlafproblemen und Müdigkeit über den Tag hinweg. Außerdem bemerken viele Frauen, dass sie Bauchfett ansetzen. Alles hängt mit Veränderungen des Hormonspiegels zusammen, die auch zum tatsächlichen Aus­bleiben der Periode führen.

Es folgt: die Menopause. Faktisch gesehen ist es wirklich ein ganz bestimmter Zeitpunkt, denn er liegt genau 12 Monate nach dem Ende der letzten Periode. Im Durchschnitt sind Frau­en zu diesem Zeitpunkt 51 Jahre alt, Studien zeigen aber, dass es auch Frauen gibt, die erst 40 oder bereits 60 Jahre alt sind. Haben Frauen nun genau diesen Zeitpunkt, also 12 Monate nach Aussetzen jeglicher Blutungen überschritten, spricht man von der „Postmenopause“, dem biologischen Zustand, in dem sich eine Frau dann für den Rest ihres Lebens befinden wird.

Auf Hormonebene sehen die Wechseljahre wie folgt aus:

Die wichtigsten weiblichen Sexualhormone sind Östrogen, Pro­gesteron, FSH (follikelstimulierendes Hormon), sowie LH (luteini­sierendes Hormon). Während des üblichen 26­- bis 40­t-ägigen Zyklus kommt es je nach Tag und Phase zu Veränderungen der Hormonproduktion. Vereinfacht sieht das so aus (Abb. 1).

Der weibliche Zyklus startet am ersten Tag der Periode. Zu­nächst sind Östrogen, Progesteron, LH sowie FSH abgeflacht, nach der Periode kommt es dann zum Anstieg von Östrogen und LH, was den Eisprung erzeugt. Nach dem Eisprung nimmt das Östrogen zunächst ab und die Gelbkörper produzieren mehr Progesteron, was dieses Hormon nach und nach ansteigen lässt. Auch Östrogen steigt zum Ende des Zyklus noch einmal an. Wenn die Eizelle nicht befruchtet wurde, fallen Progesteron und Östrogen wieder ab und es kommt erneut zur Periode.

Während der „Perimenopause“ verändert sich vor allem die Pro­duktion von Progesteron und Östrogen. Aufgrund des fehlenden Eisprungs kommt es in dieser Zeit häufig zu einer Östrogendo­minanz, wobei ein Mangel an Progesteron herrscht (Abb. 2). Gleichzeitig steigen FSH und LH sehr stark an, da sie versuchen, die Eierstöcke dazu zu bringen, eine Eizelle zu produzieren, was aufgrund des Progesteronmangels aber nicht passieren kann. Genau dieses Szenario wird in der Perimenopause immer und immer wieder durchgespielt und sorgt für „Nebenwirkungen“ der Wechseljahre. Dazu zählen z. B.: Schweißausbrüche, Schlaf­störungen, schnelle Zunahme an Fett, Knochendichte, Muskel­zusammensetzung usw.

Mit Eintritt in die Postmenopause sind Östrogen und Proges­teron nun sehr stark abgeflacht, FSH und LH pendeln sich während der Postmenopause auf einem erhöhten Plateau ein.

Mit zunehmendem Alter und der hormonellen Umstellung ver­ändert sich die Energiebereitstellung des weiblichen Körpers. Trotz gleichbleibender Fettaufnahme und Trainingsload nimmt die Fettmenge im Körper täglich zu. Standardmäßig lagert man am Ende mehr Fett ein. Ein weiterer Punkt, den die hormonelle Umstellung mit sich bringt, ist die Zunahme der Entzündungs­reaktionen im Körper. Entzündungen entstehen durch jegliche Form von Stress, dazu gehört auch Sport, und sorgen für eine schlechte Anpassungs-­ und Reaktionsfähigkeit. Außerdem soll­te auch auf die verminderte Empfindlichkeit gegenüber Insulin aufmerksam gemacht werden, was dazu führt, dass Frauen viel stärker auf Insulin reagieren als in jüngeren Jahren und dadurch der Blutzuckerspiegel immer ein wenig erhöht bleibt. Mithilfe von gezieltem Training und der richtigen Ernährung können Frauen diesen Prozessen entgegensteuern.

Was bedeutet das nun genau für Athletinnen?

Wir wissen, dass die Leistungsfähigkeit einer Frau auch in direk­ter Verbindung mit den Sexualhormonen steht. Da Östrogen und Progesteron in der Menopause bzw. in der Postmenopause kaum noch vorhanden sind, sollte man in Bezug auf das Training den niedrigen Hormonspiegel mitberücksichtigen und den richtigen Trainings-stimulus erzeugen, um Leistungssteigerun­gen erzielen zu können. Wichtig hierbei:

Das Hormon Östrogen hat einen anabolen Stimulus, also eine aufbauende Wirkung für den Stoffwechsel, Progesteron hinge­gen eine katabole, also abbauende Wirkung. Mit Abflachung der beiden Hormone sollte man daher versuchen, durch geziel­tes Training die Muskelproteinsynthese zu erhöhen und durch maximale Anpassung und Erholung eine Leistungssteigerung zu erzeugen. Mit Eintreten des Klimakteriums verlieren Frauen außerdem die Fähigkeit, schnelle Faserkontraktionen, also wirklich starke Muskelkontraktionen, aufrechtzuerhalten. Diese sind jedoch unabdingbar, um den fortschreitenden Knochen­ und Muskelabbau zu minimieren und den Erhalt von fettfreier Masse zu steigern. Daher sollte auch bei Ausdauerathletinnen das Krafttraining eine entscheidende Rolle spielen. Klassische Trainingsmethoden, wie die Periodisierung eines bestimmten Widerstandstrainings in der Off­-Season, sind für Frauen in der Menopause nicht wirklich geeignet, da diese nicht darauf aus­ gerichtet sind, den Knochen-­ und Muskelerhalt zu fördern sowie die Körperzusammensetzung zu verbessern. Außerdem sind lange und langsame Trainingseinheiten eher kontraproduktiv. Daher sollte im Ausdauertraining der Fokus nicht auf aerobem Basistraining liegen, sondern auf gezieltem anaeroben Training, bestückt mit Krafttraining, das zum Aufbau der fettfreien Masse beiträgt. Frauen haben von Natur aus eine größere Veranlagung für die Verwendung von Fettsäuren, dafür weniger für Kohlenhydrate, was in erster Linie auf einige der Insulinreaktionen zu­ rückzuführen ist. Es erlaubt Frauen, mehr mittel-­ und langket­tige Fettsäuren zu verwenden und somit dem aeroben Basis­training nicht ganz so viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Folgende Trainingsmethoden haben sich wissenschaftlich in der Menopause als sehr geeignet herauskristallisiert:

High Intensity Intervall Training (HIIT)

Wissenschaftliche Studien haben Frauen in der frühen Postme­nopause untersucht und ein hochintensives Sprintintervall­ Training mit einem moderat intensiven, gleichmäßigen Training verglichen. Ziel war, herauszufinden, welche Auswirkungen das Training auf das viszerale Bauchfett und den Gesamtkörper­fettanteil hat. Nach einem 12­-wöchigen Trainingsprogramm zeigte sich, dass das Sprinttraining sehr positive Auswirkungen hatte. Das viszerale Bauchfett der Probandinnen war zurück­gegangen und die fettfreie Masse hatte zugenommen. Die kardiovaskulären Marker aus gesundheitlicher Sicht waren alle­samt besser und auch das Ge-samtkörperfett hatte sich redu­ziert. Außerdem hatte sich ihre VO2max erhöht. Im Gesamt­vergleich der beiden Trainingsmethoden schnitt das HIIT­-Training deutlich besser ab als der moderate Dauerlauf. Hinzu kommt die Zeitersparnis und die Reduktion des Cortisolspiegels, denn das HIIT­-Training hilft, Stress abzubauen.

Vergleichbar fallen Studien im Krafttraining aus. Das Standard­training (10–15 Wiederholungen) mit moderatem Gewicht hatte keine Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung. Wohin­ gegen das Krafttraining mit sehr schweren Gewichten und wenig Wiederholungen (1–6) positive Auswirkungen auf kardiovaskuläre Marker, Insulinsensitivität und die fettfreie Masse hatte. Möchte man also gezielt an der Körperzusammensetzung arbeiten und sie verbessern, sollten HIIT­-Einheiten fest integriert werden.

Krafttraining

Intensives Krafttraining hat sich als super effizient für Frauen in der Menopause bewährt. Wir sprechen hier allerdings nicht von einem klassischen Hypertrophietraining von 10–12 Wieder­holungen pro Übung, sondern von Widerstands­ oder Maxi­malkrafttraining, was bedeutet, eine wirklich große Last oder Gewicht zu stemmen, um eine maximale Kontraktion der Mus­kulatur zu erzeugen. Die Idee dahinter ist die Steigerung der Kraft und der Energieproduktion. Durch Krafttraining erhöht sich die Stoffwechselrate sowie seine Effizienz. Je mehr Muskeln, desto höher der Kalorienverbrauch, auch im Ruhemodus. Und genau diesem abnehmenden Ruhestoffwechsel im Alter wird durch Krafttraining entgegengewirkt. Außerdem wirkt Krafttrai­ning der Gelenkinstabilität entgegen, verbessert die Knochen­mineraldichte und ist somit perfekt für die Verletzungsprophylaxe. Abgesehen davon hat Krafttraining eine erhebliche Wirkung auf vasomotorische Symptome, wie Thermoregulation, und ver­bessert den Blutfluss in den Gefäßen.

 

Plyometrisches Training

Die Idee von Training in den Wechseljahren besteht in erster Linie darin, die neuromuskuläre Intaktheit und die Explosivität bzw. Kontraktionsfähigkeit der Muskulatur aufrechtzuerhalten. Als eine erfolgreiche Methode dafür hat sich das plyometrische Training durchgesetzt. Es verbessert nicht nur die Zusammen­setzung der Muskulatur, sondern bewirkt auch eine mitochon­driale Verbesserung. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen und liefern dem Körper Energie. Eine Steigerung der mi­tochondrialen Funktion bedeutet also mehr Treibstoff für die Muskulatur. Weiter tragen plyometrische Übungen zu einem ver­besserten Transport von Glukose innerhalb der Zelle bei, was wiederum die Insulinempfindlichkeit verringert. Plyometrisches Training lässt sich sehr einfach in das Kraft­ oder Ausdauer­training integrieren. Beispiele hierfür: jegliche Form von Sprün­gen – Squatjumps, Splitsquatjumps, Boxjumps, Ropeskipping, Trampolin.

WICHTIG HIERBEI:
Bitte langsam beginnen und zunächst die richtige Technik erlernen!

Mit und nicht gegen die Hormone arbeiten

Die hormonellen Umstellungen in der Menopause bringen eini­ge Veränderungen des weiblichen Körpers mit sich. Viele Dinge, darunter fällt auch Training, funktionieren nicht mehr so wie früher. Mit der Veränderung des Östrogen­ und Progesteron­spiegels braucht der Körper ein angepasstes Training, um positive Reaktionen auszulösen. Früher sorgte Östrogen für den anabolen Stimulus. Um dies in der Menopause zu erreichen, muss hochintensiv und mit schweren Gewichten trainiert werden. Gepaart mit einer angepassten Ernährung kann so dem Abbau der fettfreien Massen und der Muskelmasse sowie der Knochendichte entgegengewirkt werden. HIIT­Training verändert die Körperzusammensetzung und hat Auswirkungen auf die Verbesserung der allgemeinen Herzfunktion und den Blutzucker­spiegel. Zusätzlich hilft es dabei, die Leistung zu verbessern bzw. dient der Erhaltung und Verbesserung des gesamten Leis­tungspotenzials.

Plyometrisches Training unterstützt die Stoffwechselfunktionen und sorgt für eine gesteigerte mitochondriale Funktion, was wiederum positive Auswirkungen auf die Insulinaktivität und die neuromuskulären Verbindungen hat. Zu guter Letzt sollten Frauen sich trauen, schwere Gewichte zu heben und Maximal­krafttraining für sich zu entdecken.

Auch wenn die Hauptsportart eine Ausdauerdisziplin ist, sollte das Training mit den genannten Trainingsmethoden kombiniert werden, denn es kommt der Gesamtleistung zugute. Vom phy­siologisch­gesundheitlichen Standpunkt aus, aber auch auf die sportliche Leistungsfähigkeit bezogen.

Laura Philipp, Nadine Heck, KickAssSports