Mai 2022 – Ausgabe 39

Sportverletzungen und Sportschäden am Knie

Maja Siebold

Prof. Dr. med. Rainer Siebold
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Schlüsselwörter: Meniskusverletzung, Meniskusnaht, Kreuzbandrekonstruktion, Knorpeltransplantation

Das Kniegelenk ist besonders stark von Sportverletzungen betroffen. Das liegt vor allem daran, dass die knöcherne Stabilität schlecht ist und das Kniegelenk im Wesentlichen von der Kapsel und den Bändern gehalten wird. Die Beine werden im Sport außerdem besonders stark beansprucht. Deshalb treten häufig Verletzungen des Innen- und Außenmeniskus, des vorderen Kreuzbandes und auch der knorpeligen Gelenkoberfläche auf.

Unbehandelte Sportverletzungen führen fast immer im späteren Leben zu chro­nischen Sportschäden bis zur Arthrose. Ziel ist es deshalb, akute Verletzungen so gut wie möglich zu versorgen, um die Langzeitfolgen möglichst gering zu halten. Neben der konservativen Therapie sind akute Meniskus-­, Kreuzband-­ und Knorpelschäden deshalb vor allem eine Domäne der Chirurgie. Im optimalen Fall wird der Schaden frühzeitig operativ repariert.

Die Kniegelenke sind im Sport oftmals starken Stoß­, Beuge­ und Rotations­belastungen ausgesetzt; insbesondere Stop­and­go ­Sportarten wie z. B. Fußball, Handball, Basketball, Tennis und Squash, gehen an die Belastungsgrenzen der Kniegelenke. Extrembewegungen und -­belastungen führen nicht selten zu Verletzungen der empfindlichen Struk­turen in unserem größten Gelenk.

Meniskusverletzung

Die häufigste Verletzung betrifft den Innen-­ und Außenmeniskus. Diese halb­mondförmigen Faserknorpel wirken als entscheidende Stoßdämpfer im Knie­gelenk – ähnlich wie die Bandscheiben an der Wirbelsäule. Reißt der Meniskus durch eine Quetsch­-, Zug-­ oder Kompres­sionsbelastung, führt dies zu Schmerzen, Schnappen, Knieschwellung und ggf. Blockaden auf der Innen­ oder Außenseite am Gelenkspalt. Meist ist die Belastbar­keit deutlich eingeschränkt, besonders Stop­and­go­ sowie Drehbelastungen sind meist nicht mehr schmerzfrei möglich.

Da der Meniskus kaum durchblutet ist, ist die Selbstheilungstendenz sehr schlecht. Meist verbleibt der Meniskus­- riss und mit ihm die Schmerzen, sodass eine Operation oft die einzige Möglichkeit darstellt, um die Beschwerden zu besei­tigen. Die Operation wird normalerweise arthroskopisch durchgeführt. Dabei wird immer versucht, so viel Meniskusgewebe wie möglich durch eine Meniskusnaht zu erhalten. Dafür gibt es verschiedene OP­Techniken, die der Operateur kennen sollte. (Abb. 1­3)

Wird durch den Sportunfall Meniskus­gewebe zerstört und kann nicht genäht werden, so müssen die abgerissenen Anteile operativ entfernt werden. Damit reduziert sich der Stoßdämpfer und die Folge ist eine Druckerhöhung im Gelenk auf den Knorpelüberzug an Ober-­ und Unterschenkel. Die Langzeitfolgen sind ein erhöhter Abrieb des Knorpels, d. h. ein posttraumatischer Sportschaden, der sich je nach Verlust an Meniskusgewebe nach 15 bis 25 Jahren einstellen wird. Im Endstadium spricht man von Gonarthrose, d. h., wenn der Knorpelbelag komplett vom Knochen abgerieben ist. Ein Meniskus­ schaden vor dem 20. Lebensjahr hat deshalb nicht selten im Alter von 50 bis 60 die Implantation einer Knieprothese zur Folge.

Kreuzbandverletzung

Eine weitere sehr häufige Verletzung am Kniegelenk ist der Riss des vorderen Kreuzbandes. Es ist der zentrale Stabili­sator im Knie und ist nur wenige Millimeter dick (ca. 3­4 mm) und breit (ca. 10­14 mm). Bei Stop­and­go­ sowie Rotationsbewe­gungen im Sport ist es sehr hohen Zug­kräften ausgesetzt und kann im Extremfall durchreißen. Die Folge ist ein instabiler Unterschenkel, der „nach vorne“ rutscht, was als „Giving­way Phänomen“ be­zeichnet wird. Der Patient verspürt eine wiederkehrende unangenehme und schmerzhafte Instabilität im Knie, die eine Rückkehr in Stop­and­go­Sportarten, wie z. B. Fußball und anderen Ballsportarten, sowie Sprungsportarten unmöglich macht. Bei Instabilität besteht außerdem ein sehr großes Risiko, dass es zu zusätz­lichen Giving­ways kommt, die weitere Verletzungen und Einrisse des Meniskus oder des Knorpels zur Folge haben.

Das ist für die meist jungen Patienten eine medizinische Katastrophe, da es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Knie­arthrose in späteren Jahren führt. Deshalb besteht bei Sportlern in der Regel eine klare Indikation zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes zum Schutz der Kniestrukturen und zur Wiederherstellung der Stabilität und Sportfähigkeit im Knie. Auch diese Operation wird heute aus­ schließlich arthroskopisch durchgeführt, wobei eine körpereigene Sehne als Ersatz für das zerrissene Kreuzband eingesetzt wird. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher OP­Techniken. Dadurch kann die Funktion und Stabilität des Kniegelenkes sehr gut wiederhergestellt werden, und eine Rück­ kehr in den Sport ist möglich. Allerdings verbleibt auch bei einem Kreuzbandriss ein Dauerschaden, sodass es in ca. 10­-20 % der Fälle und 20-­30 Jahre später zu einer Gonarthrose kommt, bei zusätzlichem Meniskusriss liegt diese Wahrscheinlich­keit viel höher, bei ca. 80 %.

Akuter Knorpelschaden

Schließlich können Sportunfälle auch zu Akutschäden am Gelenkknorpel führen, d. h., es können Knorpelstücke aus der Gelenkoberfläche herausbrechen. Es ent­steht ein „Schlagloch“ in der Gelenkober­fläche, was in der Regel nicht abheilt, da der Knorpel nicht durchblutet ist. Meist verbleibt ein schmerzhafter Knorpeldefekt und es kommt zu wiederkehrenden Knie­gelenksschwellungen mit Ergussbildung. Natürlich kann es auch dadurch zu star­ken Einschränkungen bei Alltagbelastung und bei sportlicher Betätigung kommen.

Auch in diesem Fall kann nur durch eine operative Intervention geholfen werden. Das herausgebrochene Knorpelfragment kann im Idealfall wieder in den Defekt eingefügt werden. Dazu ist eine Operation in den ersten Wochen nach dem Unfall notwendig. Andernfalls wird der Knorpel­ defekt in der Gelenkoberfläche durch eine Knorpelzelltransplantation behandelt, wobei zuerst körpereigene Knorpelzellen entnommen werden, die durch ein spezia­lisiertes Labor angezüchtet werden und schließlich arthroskopisch wieder in den Defekt eingebracht werden. Die „Repara­tur“ des Gelenkknorpels macht Sinn, um eine Ausbreitung der Knorpelschäden zu verhindern und um die Beschwerden zu beseitigen. Auch hier ist das Ziel, dass der zumeist junge Patient wieder in seinen Sport zurückkehren kann. Außerdem geht es darum, mögliche spätere Folgeschäden wie Arthrose im Idealfall zu verhindern.

Fazit

Eine frühzeitige Behandlung von Sport­verletzungen am Kniegelenk ist sehr wichtig, um die Gefahr von chronischen Sportschäden zu reduzieren. Meniskus-­, Kreuzband-­ und Knorpelverletzungen sollten zur Minimierung von späteren Sportschäden von einem spezialisierten Operateur versorgt werden, um die Sport­fähigkeit so schnell wie möglich wiederherzustellen.

Alle Verletzungen an Meniskus, Kreuzband und Knorpel sind Dauerschäden und wirken sich langfristig mehr oder weniger stark auf die Arthroseentwicklung aus. Akutschäden in jungen Jahren führen nicht selten im Alter ab 55 Jahren zur „Vollar­throse“ und Notwendigkeit einer Knie­prothese. Gerade deshalb ist eine optimale Reparatur sinnvoll!