Oktober 2025 – Ausgabe 46
Sporttauglichkeitsuntersuchungen – medizinische Grundlage für sicheres Training und Wettkampf
Dr. med. Falko Frese
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Sport hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Präventivmedizin und eines gesunden Lebensstils entwickelt. Die positiven gesundheitlichen Effekte regelmäßiger körperlicher Betätigung sind umfassend wissenschaftlich belegt und reichen von der Reduktion kardiovaskulärer Risiken über die Verbesserung der psychischen Gesundheit bis hin zur Steigerung der allgemeinen Lebensqualität. Zahlreiche medizinische Fachgesellschaften sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehlen Bewegung ausdrücklich als präventive Maßnahme gegen chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und bestimmte Krebsarten [1].
Gleichzeitig darf jedoch nicht übersehen werden, dass körperliche Aktivität auch Risiken birgt, insbesondere wenn sie unsachgemäß oder ohne ausreichende Vorbereitung erfolgt. Verletzungen, kardiale Komplikationen oder Überlastungssymptome sind mögliche Folgen. Vor allem Menschen mit bislang inaktiver Lebensweise, ältere Erwachsene, Personen mit chronischen Erkrankungen oder spezifischen gesundheitlichen Einschränkungen sind besonders gefährdet. Auch nach überstandenen Krankheiten kann Sport eine große Rolle in der Rehabilitation spielen, muss jedoch sorgfältig medizinisch begleitet werden, um Rückfälle oder Komplikationen zu vermeiden. Die zunehmende Bedeutung des Sports in Prävention, Therapie und Alltag erfordert somit eine qualifizierte medizinische Begleitung.
Ziele und Nutzen
Die Sporttauglichkeitsuntersuchung ist in diesem Zusammenhang ein wesentliches präventives Instrument, das helfen kann, sportbedingte Gesundheitsrisiken zu minimieren und eine optimale Trainingsgestaltung zu ermöglichen. Sie dient nicht primär der Diagnostik akuter Erkrankungen, sondern vielmehr der Beurteilung körperlicher Belastbarkeit im Kontext geplanter sportlicher Aktivitäten. Das Ziel der Sporttauglichkeitsuntersuchung besteht darin, individuelle Risikofaktoren zu erkennen, gesundheitliche Kontraindikationen auszuschließen und Handlungsempfehlungen für die sichere Ausübung von Bewegung und Sport zu geben [3].
Die Sporttauglichkeitsuntersuchung hat nicht nur eine medizinische, sondern auch eine motivierende Funktion. Sie kann Ängste abbauen und den Einstieg in ein bewegungsreiches Leben erleichtern, insbesondere bei Menschen mit Vorerkrankungen oder langjähriger Inaktivität. Ein positiver Befund stärkt das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, während frühzeitig entdeckte Einschränkungen durch gezielte therapeutische Maßnahmen oft gut kompensiert werden können.
Umfang und Ablauf der Untersuchung
Der Umfang der Sporttauglichkeitsuntersuchung orientiert sich stets an den individuellen Voraussetzungen. Während bei jungen, gesunden Freizeitsportlern meist eine Basisuntersuchung ausreicht, sind bei Senioren, bei Menschen mit chronischen Erkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Asthma) oder bei geplanter Teilnahme an Extremsportarten umfangreichere Diagnostiken notwendig. Bestimmte Sportarten wie Tauchen, Motorsport oder das Fliegen unterliegen zudem besonderen medizinischen Anforderungen und gesetzlich geregelten Vorgaben [6].
Im Leistungssport ist die Sporttauglichkeitsuntersuchung längst fester Bestandteil des Trainings- und Wettkampfmanagements. Sie dient nicht nur der Prävention schwerwiegender gesundheitlicher Ereignisse, sondern auch der Früherkennung von Leistungsabfall, Übertraining oder stressbedingten Erkrankungen. National und international existieren hierfür verbindliche Richtlinien, etwa von der FIFA oder vom Internationalen Olympischen Komitee [9]. Die Sporttauglichkeitsuntersuchung ist damit nicht nur ein Kontrollinstrument, sondern auch ein zentraler Bestandteil der Leistungsoptimierung.
Je nach Fragestellung, Alter, Sportart und Gesundheitszustand variiert der Umfang der Sporttauglichkeitsuntersuchung. Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese, bei der sowohl die individuelle Krankheitsgeschichte, aktuelle Beschwerden als auch familiäre Vorbelastungen, insbesondere hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, berücksichtigt werden. Ebenso relevant sind Informationen über frühere Sportverletzungen, Operationen, Medikamente sowie das bisherige Training bzw. Bewegungsverhalten.
Es folgt eine körperliche Untersuchung, die die Messung von Blutdruck, Herzfrequenz und Körpermaßen sowie eine Auskultation von Herz und Lunge umfasst (Abb. 1). Bei Personen über 35 Jahren oder mit kardiovaskulären Risikofaktoren ist ein Ruhe-EKG obligat [4]. Ergänzend kann auch eine Überprüfung des psychischen Wohlbefindens sinnvoll sein, insbesondere bei sportpsychologischen Fragestellungen.
Abhängig vom Befund und von der beabsichtigten sportlichen Belastung können weiterführende Untersuchungen notwendig sein. Dazu zählen insbesondere ein Belastungs-EKG zur Erkennung von Durchblutungsstörungen unter körperlicher Belastung, ein Lungenfunktionstest zur Abklärung pulmonaler Einschränkungen, eine Echokardiographie zur strukturellen Herzbeurteilung sowie Laboranalysen zur Kontrolle von Blutzucker, Lipiden oder Entzündungsparametern [5].
Darüber hinaus gewinnen leistungsdiagnostische Verfahren zunehmend an Bedeutung. Mittels Spiroergometrie und Laktatleistungsdiagnostik lassen sich genaue Aussagen über die maximale Sauerstoffaufnahme, die anaerobe Schwelle sowie die individuelle Belastbarkeit treffen. Solche Parameter sind nicht nur für den Leistungssport relevant, sondern auch zur Trainingssteuerung im Freizeitsport, in der Gesundheitsprävention oder bei der Rehabilitation äußerst hilfreich.
Ein essenzieller Bestandteil der Sporttauglichkeitsuntersuchung ist die individuelle Beratung. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse gibt der Arzt Empfehlungen zur Auswahl geeigneter Sportarten, zur Intensität, Häufigkeit und Dauer der Belastung sowie zu Regenerationszeiten. Auch Hinweise zur Vermeidung von Überlastung, zur richtigen Ernährung und zum Flüssigkeitshaushalt sind Bestandteil der Beratung [8]. Besonders bei chronischen Erkrankungen wird auf die Integration des Sports in das individuelle Therapiekonzept geachtet.
In Deutschland existiert keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Sporttauglichkeitsuntersuchung im Freizeitbereich. Dennoch verlangen zahlreiche Sportvereine, Fitnessstudios oder Veranstalter von Wettkämpfen ein ärztliches Attest über die Sporttauglichkeit, um sich rechtlich abzusichern [7]. In einigen Ländern wie Italien ist eine regelmäßige Sporttauglichkeitsuntersuchung gesetzlich vorgeschrieben, was – wie Studien zeigen – zu einer deutlichen Reduktion plötzlicher Herztodesfälle bei jungen Sportlern geführt hat.
Die Risiken, die sich aus dem Verzicht auf eine medizinische Abklärung ergeben, sind erheblich. Immer wieder kommt es zu plötzlichen Todesfällen im Sport, die häufig auf unentdeckte kardiale Vorerkrankungen zurückzuführen sind [10]. Orthopädische Beschwerden, wie Überlastungssyndrome oder muskuläre Dysbalancen, können bei fehlender Diagnostik chronifizieren und die Freude am Sport dauerhaft trüben. Auch psychische Belastungen, die durch übermäßigen Leistungsdruck entstehen, können unbeachtet bleiben.
Fazit
Die Sporttauglichkeitsuntersuchung ist ein zentrales Instrument der Präventivmedizin. Sie trägt maßgeblich zur sicheren und effektiven Ausübung von Sport bei, schützt vor gesundheitlichen Komplikationen und motiviert zur regelmäßigen Bewegung. Angesichts der demografischen Entwicklung und der wachsenden Bedeutung präventiver Gesundheitsmaßnahmen könnte die Sporttauglichkeitsuntersuchung in Zukunft einen noch größeren Stellenwert einnehmen. Hinzu kommt eine steigende Zahl chronischer Erkrankungen, denen mit einem aktiven, gesunden Lebensstil vorgebeugt werden kann. Die Integration der Sporttauglichkeitsuntersuchung in gesundheitspolitische Strategien und ihre stärkere Verankerung im öffentlichen Bewusstsein sind daher wünschenswert [11].
„Die Sporttauglichkeitsuntersuchung ist ein zentraler Bestandteil der Präventivmedizin. Sie trägt maßgeblich zur sicheren Ausübung von Sport bei und schützt vor gesundheitlichen Komplikationen.“