Oktober 2019 – Ausgabe 34

Sanierung einer ausgeprägten Stammvenenerkrankung ohne Narkose und Narbenbildung

Dr. Med. Darius Sadeghian
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Dr. med. Frank Heckmann
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Jäger

Dr. med. Claudia Jäger
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Auf der Suche nach neuen Wegen zur effektiven, sicheren, aber auch nachhaltigen Sanierung einer schweren Varikosis wird hier ein alternativer Weg zur Stripping-Operation und zu thermischen Verschlussverfahren beschrieben.

Immer wieder ist es auch der Wunsch des Patienten mit Varikosis bzw. seine Vermeidungsstrategie, den Weg zum Chirurgen zu meiden. Auch fühlen sich viele Patienten in großen chirurgischen Abteilungen der Krankenhäuser deplatziert. Die Varizenchirurgie ist dort oft in den Händen von phlebochirurgischen Novizen und eine Nachsorge mit Bewertung des Ergebnisses findet nicht statt. Hausärzten und Fachärzte anderer Disziplinen, die von den Patienten in Bezug auf ihre Varikosis um Rat gefragt werden, kommt daher eine Schlüsselrolle für das weitere Vorgehen zu. Am Beispiel der nachfolgenden Patientin wird dargestellt, wie ein mehrschrittiges Vorgehen ohne konventionelle Operation auch bei ausgeprägter Varikosis (Stadium Hach 4) zum Erfolg führen kann.

Anamnese

48jährige Patientin, 178 cm, arbeitet im Außendienst, Sportlerin. Varikose seit den Schwangerschaften zunehmend. Die Patientin war schon mehrmals im Seitenastbereich mittels Sklerotherapie behandelt worden. Wegen Schweregefühl und Stauung des rechten Knöchels wurde ein Kompressionstrumpf verordnet.

Die Dermatologin vermutete kausal das Vorliegen einer Stammvenen-Erkrankung und überwies zum Gefäßchirurgen.

Befund

Duplexsonographischer Nachweis einer Stammvarikosis der Vena saphena magna rechts im Stadium Hach 4, mit beginnendem Ekzem und Phlebödem. Bisher keine Beinvenenthrombose nachweisbar. Deutliche, knöchelnahe Seitenäste, sowie eine Cockett 2-Perforansvene.

Therapie

Mit der Patientin wurde zuerst eine konventionelle Operation besprochen. Der venöse Hochdruck musste bis zum Knöchelbereich effektiv gesenkt werden, da sonst ein venöses Ulkus auf dem Boden des Ekzems entstehen könne. Das Thromboserisiko ist deutlich erhöht. Außerdem füllt die insuffiziente Perforansvene die knöchelnahen Seitenäste so auf, dass eine Corona phlebectatica entstanden ist, welche in einer düster-blauen Verfärbung der Haut resultiert.

Von einer Operation in Vollnarkose oder Spinalanästhesie war die Patientin jedoch aufgrund traumatisierender Erfahrungen nicht zu begeistern. Eine alternative Verklebung der Stammvene mit zeitnaher Perforans- und Seitenastentfernung in Lokalanästhesie, die wir sonst bei älteren oder nicht narkosefähigen Patienten durchführen, traute sie sich zu. Sie wurde aufgeklärt, dass die mit Histoacrylat-Kleber verschlossene Vene evtl. anfänglich empfindlich zu tasten ist. Andere Spätfolgen einer nicht reversiblen Verklebung wurden ebenso besprochen.

Wir haben eine Verklebung der Stammvene, bei möglichst distaler Punktion am Unterschenkel, mit dem VenaSeal System der Firma Medtronic, empfohlen. Der Eingriff konnte geplant ambulant unter Ultraschal-lkontrolle durch den erfahrenen Angiologen in der Praxis erfolgen.Am Folgetag wurde eine Seitenastexhairese mit Verödung im Bereich der Patella durchgeführt sowie eine sehr gründliche Farbduplexkontrolle des zuverlässigen Verschlusses der Stammvene. Wichtig ist auch der Ausschluss einer Appositionsthrombose im Bereich der Leiste nach Verklebung. Diese tritt nicht selten auf und muss mit niedermolekularem Heparin behandelt werden, um eine Lungenembolie durch das tiefe Venensytem zu vermeiden.Nach einer Woche erfolgten dann die Sanierung des Knöchelbereiches in Lokalanästhesie mittels Perforansdissektion und Seitenastexhairese sowie Verödung der Corona phlebectatica mit 1 % Äthoxysklerol-Gemisch. Hiernach erhielt die Patientin einen Klebeverband für zehn Tage und trug tagsüber den Oberschenkel-Kompressionsstrumpf.Eine Krankmeldung für eine Woche war zur Vermeidung einer Nachblutung sinnvoll. Eine Schmerzmitteleinahme war nicht erforderlich, auch keine weitere Thromboseprophylaxe. Die Patientin war voll mobil.

Resultat

Nach zwei Wochen konnte die Patientin nach spätem Fadenzug, bereits mit dem Strumpf wieder Tennis spielen. Der Strumpf sollte insgesamt noch 2 – 4 Wochen weitergetragen werden. Eine sofortige Verbesserung des Schweregefühls und der Schwellneigung wurde berichtet. Die Patientin fühlte sich subjektiv wohl und richtig therapiert. Sie musste eher in ihrer Aktivität gebremst werden, damit sich keine Reizung im Bereich der verklebten Vene einstellt, die dann zur Rötung und Schmerzhaftigkeit führt. Eine kosmetische Nachbehandlung mit Sklerotherapie oder Laser kann nun, nach Ausschaltung der erkrankten Stammvene, wieder bei der vertrauten Dermatologin bzw. Phleboogen erfolgen. Wichtig ist die richtige kausale Abfolge der Therapie, ansonsten sind Therapeut und Patient bei ausbleibendem Erfolg frustriert. Varizen können sich zeitlebens neu bilden, der Patient muss jedoch wissen, dass sie in jedem Stadium erfolgreich und auch erträglich behandelbar sind.