Mai 2022 – Ausgabe 39

PD Dr. med. Erhan Basad unter den 50 meistzitierten Autoren in der Knorpelchirurgie

PD Dr. Erhan Basad, ATOS Klinik Heidelberg, ist laut einer aktuellen Übersichtsarbeit unter den 50 meistzitierten Autoren im Bereich der Knorpelchirurgie.

Herr Dr. Basad, Ihre Publikation „Matrix-induced autologous chondrocyte implantation versus microfracture in the treatment of cartilage defects of the knee:

a 2-year randomised study” aus Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2010 nimmt laut der Studie von Franceschini et al. Platz 38 der 50 meistzitierten Beiträge aus der Knorpelchirurgie-Forschung ein. Weshalb wird diese Arbeit so häufig zitiert? Dr. Basad: Mit der Jahrtausendwende kam der Paradigmenwechsel in der Medizinforschung, der forderte, dass bei einer medizinischen Behandlung patientenorientierte Entscheidungen nach Möglichkeit auf der Grundlage von empirisch nachgewiesener Wirksamkeit getroffen werden. Anstelle von Erfahrungs­berichten oder retrospektiv erhobenen Daten ohne Kontrollgruppe mussten also klinische Methoden ihre Wirkung anhand von randomisierten Probanden und über bestimmte Mindestzeiträume von 2 bis 5 Jahren beweisen. Eine solche Studie haben wir 1999 angefangen und die Ergebnisse wurden 2010 publiziert.

Was wurde mit Ihrer Studie untersucht?
Dr. Basad:
Als eine Weiterentwicklung der Transplantation von autologen Knorpel­zellen haben wir eine Studie designt, um eine neuartigere Methode bei isolierten Knorpelschäden am Knie anzuwenden. Bei der Matrix­induzierten Autologen Chondrozyten­Implantation (MACI) werden die im Labor vermehrten Knorpelzellen bereits vor Verpflanzung in das Knie in einem Zellträger aus Kollagen (Matrix) angeheftet. Dies vereinfacht die Operation   und das Geflecht der Matrix fördert die Differenzierung der Knorpelzellen zu funktionsfähigen Produzenten von Knorpelgewebe.

Was war dabei die Kontrollgruppe?

Dr. Basad: Das zu der Zeit und bis heute noch angewendete Standardverfahren, um Knorpeldefekte zu regenerieren, ist die arthroskopische punktuelle Eröffnung des Knochenmarks auf der defekten Gelenk­fläche. In dem Blutgerinnsel aus dem Knochenmark können Stammzellen aus dem Knochenmark zu produktiven Zellen differenzieren, welche ein Ersatz­-Knorpel­gewebe erzeugen (Faserknorpel). Diese Methode nennt sich Mikrofrakturierung. Wir haben beide Methoden klinisch und im MRT über einen Zeitraum von zwei Jahren verglichen. Später kam eine weitere Publikation von uns mit Fünfjahres­ Ergebnissen hinzu.

Zu welchem Ergebnis ist man mit der Studie gekommen und worin liegt die Besonderheit Ihrer Studie? Dr. Basad: Bei Defekten über 3 cm2 hat sich die MACI als überlegen gegenüber der Standardmethode Mikrofrakturierung erwiesen. Die Matrix­basierten Verfahren haben sich mittlerweile weltweit etabliert. Die Mikrofrakturierung hat jedoch auch noch einen Stellenwert bei kleineren Defekten und gehört zu meinem Standard. Das Besondere an unserer Studie war die konsequente Umsetzung der Rando­misierung und Hunderte von Nachunter­suchungen. Bis genug Patienten einge­schlossen wurden, um durchgehend und in hoher Zahl Zweijahres­Ergebnisse nachzuweisen, sind annähernd zehn Jahre vergangen. Die häufige Zitierung der Publikation (265 mal) sehe ich als Würdigung unserer klinischen Studie, die – anders als bei Tierstudien – mit echten Personen durchgeführt wurde. Als pro­blematisch erweist sich bis heute die Erstattung durch die Kostenträger in Deutschland.

Heißt das denn, dass die MACI als etabliertes Behandlungsverfahren von den Kostenträgern in Deutsch- land nicht anerkannt ist?

Dr. Basad: Leider nicht für gesetzlich versicherte Patienten. Europa ist eigentlich ein Innovationsstandort: Die Knorpelzell­transplantation ist eine Erfindung von Ärzten aus Schweden; die erste Firma für die MACI wurde in Deutschland gegrün­det. Die wichtigsten Zulassungsstudien für die Knorpelzelltransplantation wurden in Europa durchgeführt. Als klar wurde, dass die kleinen, aber innovativen Unter­ nehmen in Europa mit der MACI kein Geld verdienen werden, sind die Patente an Firmen in den USA verkauft worden. Dort werden aufwendige Methoden gebührend honoriert. In Deutschland ist die MACI nur noch bei Privatversicherten oder im Rahmen von wissenschaftlichen Studien üblich. Glücklicherweise gehören die ATOS Kliniken zu den Standorten in Deutschland, wo innovative OP­Verfahren durch ausgesuchte Spezialisten ange­boten werden.