Oktober 2024 – Ausgabe 44

OSG-Prothese bei einem ehemaligen Fußballprofi

Dr. med. Markus Preis

Dr. med. Markus Preis
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Schlüsselwörter: posttraumatische Arthrose OSG, Bandverletzungen OSG

Viele posttraumatische OSG-Arthrosen sind auf Bandverletzungen, nicht auf Frakturen, zurückzuführen. Durch eine chronische Instabilität der lateralen Bandstrukturen entsteht eine Dysbalance, die zu einer zunehmenden Varusfehlstellung und zum Hohlfuß führt. Besonders häufig betroffen sind Fußballspieler, wie das Beispiel des ehemaligen HSV-Profis Jürgen Dringelstein zeigt.

Die operativen Möglichkeiten in der Versorgung einer klinisch symptomatischen Arthrose des oberen Sprunggelenks (OSG) wurden in den letzten Jahren deutlich erweitert. Betrachten wir die Datenlage des D.A.F. OSG-TEP-Registers stellt die Gruppe der posttraumatischen Arthrosen erwartungsgemäß den größten Anteil mit 75 Prozent. Interessant ist aber die weitere Differenzierung, denn sie zeigt, dass 50 Prozent der Patientinnen und Patienten in ihrer Anamnese keine Fraktur, sondern ligamentäre Verletzungen des OSG erlitten haben, die im weiteren Verlauf zu einer klinisch symptomatischen Arthrose führen. Der Fußballsport mit seinen Folgen nimmt auch hier eine besondere Führungsrolle ein.

Im Rahmen von ligamentären Verletzungen kann es zu einer Dysbalance der stabilisierenden Strukturen kommen. Eine chronische Instabilität der lateralen Strukturen Lig. talofibulare anterius (LT- FA), Lig. fibulocalcaneare (LFC) und ggf. zusätzlich des Lig. fibulotalare posterius (LTFP) mit einer Verletzung des anteromedialen Deltabandkomplexes führt zu einer solchen Dysbalance. Insbesondere der M. peronaeus longus mit seiner Insertion an der Basis des Os metatarsale 1 führt zu einer vermehrten Plantarisierung des ersten Strahls und zu einer sekundären Hohlfußentwicklung. Diese zunehmende varische OSG-Fehlstellung wird über die hohe Zugkraft der Achillessehne verstärkt. Die Summation der Fehlbelastung und die Mikrotraumatisierung des Knorpels mit der Instabilität führen zur Ausbildung einer Varusarthrose, oft kombiniert mit einem Hohlfuß.

Exemplarisch zeigt der hier vorgestellte klinische Fall des ehemaligen HSV-Fußballprofis Jürgen Dringelstein diesen Verlauf.

Klinischer Befund

Infolge der zahlreichen Traumata leidet Jürgen Dringelstein nun an einer Varusarthrose, ohne jemals eine Fraktur gehabt zu haben. Klinisch fand sich der typische Befund einer massiven varischen Fehlstellung mit Hohlfuß und lateraler Instabilität (Abb. 4a,b).

Röntgen

Zur Beurteilung der Arthrose des OSG sind belastete Röntgenaufnahmen unerlässlich. Basis jeder bildgebenden Diagnostik sind konventionelle Röntgenaufnahmen des betroffenen Fußes in drei Ebenen: OSG a.-p. im Stehen (Mortise-View: 20° Innenrotation), sowie der ganze Fuß in zwei Ebenen im Stehen (streng seitlich und a.-p.)

(Abb. 5 a, b). Im Rahmen der Planung einer operativen Versorgung einer OSG-Arthrose sind bei Vorliegen einer supra- beziehungsweise inframalleolären Fehlstellung zusätzliche Aufnahmen erforderlich. Hierzu gehören die Ganzbeinstandaufnahme und die Rückfußaufnahme beidseits in der Technik nach Saltzman. In der klinischen Anwendung hat sich bewährt, die talare Gelenkfläche in vier Kompartimente in der a.-p.-Aufnahme einzuteilen. Zeigen die a.-p.-Röntgenaufnahmen unter Belastung in mehr als zwei Kompartimenten ein Stadium 3 bis 4° der OSG-Arthrose, besteht eher die Indikation zur Prothese (6, 16). Folgende Achsen- und Winkelverhältnisse sind zu berücksichtigen [17, 18]:

  • tibialer Gelenkflächenwinkel
  • talarer Gelenkflächenwinkel
  • Tibiaachse
  • Talusrotation in der koronaren Ebene
  • Rückfußachse des Kalkaneus
  • Mikulicz-Linie

Eine weitere Bildgebung kann aufgrund der Anamnese indiziert sein, so unter anderem ein MRT zur Beurteilung fraglicher Osteonekrosen, ein CT zur Beurteilung der intraossären Destruktion, Zysten und entsprechenden Beurteilung der Knochenqualität [23].

Digitlae Volumentomographie

Zusätzlich stehen neue Untersuchungs- verfahren zur Beurteilung der Arthrose des OSG in den einzelnen Gelenkkompartimenten zur Verfügung: Die DVT-Untersuchung (Digitale Volumen-Tomographie oder CBCT-Conebeam CT) ermöglicht eine zusätzliche detaillierte Beurteilung unter Belastung, insbesondere der subchondralen und intraossären knöchernen Strukturen bei deutlich reduzierter Strahlenbelastung gegenüber konventionellen CT-Untersuchungen [24]. Hinzu kommt die Darstellung von Lage und Ausmaß der artikulären Verknöcherungen beziehungsweise freien Gelenkkörper.

Dies ist in der 3-D-Rekonstruktion, auch für den Patienten, sehr imponierend zu visualisieren. Von Bedeutung sind hier intraossäre Zysten, die im konventionellen Röntgenbild unentdeckt bleiben und intraoperativ ebenfalls nicht eröffnet würden. Eine Zystenbildung ist eines der gravierenden Probleme in der OSG-Prothetik [23] (Abb. 5).

Die präoperative Diagnostik mittels DVT anstelle konventioneller Röntgenbilder trägt auch zur Reduktion der Strahlenbelastung des Patienten bei. Bei der standardisierten konventionellen Diagnostik werden vier Aufnahmen plus drei bei der Ganzbeinstandaufnahme angefertigt. Bei einer DVT-Untersuchung kommen nur die drei konventionellen Aufnahmen des Ganzbeinstandes hinzu.

Dies bedeutet für die Strahlenbelastung: Konventionelles Röntgen: 7 Aufnahmen (2-D-Röntgen) x 0,75 μSv = 5,25 μSv
Bei einer DVT-Aufnahme im ULD (Ultra- Low-Dosis Modus): 3 Aufnahmen (2-D- Röntgen) x 0,75 μSv + 1,5 μSv DVT = 3,75 μSv

Mittels einer belasteten DVT-Aufnahme lässt sich in den axialen Schnitten die Position der Fibula beurteilen. Somit sind Rückschlüsse auf die Syndesmosenstabilität möglich und relevant für die operative Planung. Die DVT-Aufnahme zeigt bei einer posttraumatischen OSG-Arthrose das Ausmaß der Schädigung: die komplette Destruktion der Gelenkflächen unter Belastung mit i.-a. varischer Verkippung des Talus und dem daraus resultierenden tibialen Plafonddefekt; massive ventrale Exophyten, das Gelenk überbrückend und blockierend; die ventrale Verknöcherung der Syndesmose mit noch guter Positionierung der Fibula in der Inzisur in den axialen Schnitten; kleine subchondrale Geröllzysten tibial, keine relevanten talaren Knochenzysten; eine achsgerechte Stellung des talonavikularen und des subtalaren Gelenkes mit altersentsprechender Degeneration (Abb. 5).

Therapieplanung

In der präoperativen Besprechung wurden die Optionen mit dem Patienten diskutiert. Eine plantare Fusion würde die Gesamtpathologie des Fußes nicht beseitigen. Entsprechende Mittelfußkorrekturen, um einen planen Fußauftritt zu gewährleisten, sind nur durch Osteotomien und Arthrodesen möglich. Somit wäre der gesamte Fuß versteift mit allen biomechanischen Problemen. Daher wurde in diesem Fall die Indikation zur Implantation einer OSG-Prothese gestellt mit den entsprechenden periartikulären Korrekturen:

  • Innenknöchelosteotomie
  • derotierende und elevierende Chopart-Arthrodese mit USG-Fusion
  • laterale Rekonstruktion des OSG mit Resektion der Exophyten
  • Peronaeus longus-auf-brevis-Transfer
  • Rückverlagerung der EDL-Sehnen auf das Os cuboideum mit Cork-Screw- Anker

Anschließend sechs Wochen Walker-Behandlung, bei zeitgerechter knöcherner Konsolidierung weiter schmerzadaptierte Aufbelastung in einem Schuh mit Sohlenversteifung und Mittelfußrolle für weitere sechs Wochen, Einlagenversorgung mit 4 mm Außenranderhöhung.

Eine Indikation zur prothetischen Versorgung besteht laut Literatur [7, 16] bei:

  • primärer Arthrose
  • sekundärer Arthrose bei Arthritis mit Gelenkbeteiligung (rheumatoide Arthritis, Hämochromatose, Psoriasis, vorausgegangene septische Arthritis)
  • posttraumatischer Arthrose nach Sprunggelenk- und/oder Talusfrakturen
  • avaskulärer Osteonekrose des Talus < 50 Prozent

Auswertungen aus dem Register für Sprunggelenkendoprothesen der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk zeigten im internationalen Vergleich zu den Registern Skandinaviens und Neuseelands eine akzeptable Rate an Folgeeingriffen (13,5 Prozent) und Wechseleingriffen (7,6 Prozent) sowie eine hohe Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten im Verlauf von zweieinhalb Jahren. Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine idiopathische beziehungsweise eine posttraumatische Arthrose vorlag oder es sich um Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung handelte [22, 15]. Diese Datenlage und die steigende Akzeptanz bei den betroffenen Patientinnen und Patienten führt zu einem Zuwachs der Indikationsstellung, eine OSG-Arthrose mobilitätserhaltend entweder mittels periartikulären Korrekturen durch infra- und supramalleoläre Umstellungsosteotomien oder durch einer Endoprothese operativ zu versorgen [3, 9, 12, 23].

Die klinischen Verläufe und Ergebnisse der letzten Jahre zeigen, dass vor allem die Stabilität der Syndesmose, insbesondere bei den Drei-Komponenten-Prothesen, eine besondere Rolle spielt. Eine vermehrte Translation der Taluskomponente führt zu einem vermehrten tibialen PE-Abrieb. Der erhöhte PE-Abrieb ist maßgeblich verantwortlich für eine periartikuläre Zystenbildung. Intraoperativ muss eine bestehende Syndesmoseninstabilität daher entsprechend korrigiert werden. Eine Drei-Komponenten-Prothese hat funktionelle Grenzen. Eine bestehende Instabilität in der koronaren Ebene wird nicht kompensiert. Daher ist es wichtig, die Stabilität der Syndesmose intraoperativ genau zu überprüfen [17, 18]. Bei einer vermehrten Translation folgt der Talus der Fibula und führt zum einen zu vermehrtem Abrieb des PE-Inlays und zum anderen verursacht diese Instabilität Belastungsschmerzen. Die translatorische Stabilität wird unter Bildverstärker (BV)-Kontrolle mittels des Hintermannspreizers nach Einsetzen der Probeprothesen überprüft und dokumentiert. Bei einer bestehenden Instabilität erfolgt dann ein Ausräumen des Syndesmosenspalts, ein Aufbrechen der kortikalen Strukturen und eine Interposition von homologem und autologem spongiösem Knochen. Die Fusion des distalen tibiofibularen Gelenks mit entsprechendem Osteosynthesematerial erfolgt unter BV-Kontrolle (instabile Syndesmose – Talus folgt der Fibula!) (Abb. 7, 8).

Eine prothetische Versorgung des OSG beinhaltet nur einen Ersatz der destruierten Gelenkflächen. Bestehen bei den Patientinnen und Patienten periartikuläre Probleme, Fehlstellungen und Instabilitäten, so müssen diese additiv korrigiert werden. Nur unter Berücksichtigung dieser Begleitpathologien ist eine langfristig erfolgreiche OSG-Prothesenversorgung erreichbar [5, 19] (Abb. 9, 10).

Nachbehandlung

Ab dem dritten Tag ist die Mobilisation des Patienten mit angelegtem Unterschenkel-Walker an Unterarm-Gehstützen angezeigt. Bei der Wahl des Walkers sollte darauf geachtet werden, dass kein Druck auf die Wunde ausgeübt wird und eine forcierte Mobilisation mit dorsaler Extension ermöglicht wird. Die Belastbarkeit des operierten Fußes wird insbesondere durch die additiven Maßnahmen bestimmt. Vonseiten der Prothese ist eine zügige Aufbelastung mit 50 Prozent des Körpergewichts für die ersten beiden Wochen in der Regel möglich. Bei zusätzlichen knöchernen Korrekturen wird die Nachbehandlung durch die fortschreitende Knochenheilung bestimmt. Die Extension kann im Walker nach zwei Wochen freigegeben werden, sofern die Wunde bis zum Fadenzug komplett verheilt ist.

Ergebnisse

Die neueren OSG-Prothesendesigns zeigen gute bis sehr gute mittel- und langfristige Resultate mit einer mittleren Erfolgsrate von bis zu 90 Prozent nach zehn Jahren (Spanne zwischen 68 und 100 Prozent).

Unabhängige Risikofaktoren für das Versagen einer OSG-Prothese sind das Alter < 70 Jahre (Odds Ratio = 3,84), eine primäre Arthrose (OR = 7,19), eine posttraumatische Arthrose (OR = 6,2) und der Prothesentyp (beispielsweise einfache Hydroxylapatitbeschichtung: OR = 15,04). Im Schnitt beträgt das Bewegungsausmaß des operierten OSG 25 bis 30° mit Werten bis zu 60° [20]. Die Analyse der Daten des deutschen Endoprothesenregisters der D.A.F. zeigen, dass die klinischen Ergebnisse im zeitlichen Verlauf eine kontinuierliche Besserung aufweisen. Dies gilt sowohl für die Primärimplantationen als auch für die Revisionsoperationen [25]. Die eigenen Ergebnisse des Autors zeigt Abb. 11.

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Die klinische Kontrolle des Patienten zeigt reizlose Wundverhältnisse, eine volle Belastbarkeit, eine regelrechte Rück- fußstatik mit plantigradem Auftritt des Fußes. Beweglichkeit des OSG: Extension/Flexion mit 15-0-30 ebenfalls sehr zufriedenstellend. Die Röntgenkontrolle zeigt Abb. 12, das klinische Ergebnis die Abbildungen 13 und 14.

Aussage des Patienten bei der Sechsmonatskontrolle: „Mein Heilungsprozess macht gute Fortschritte. Die ‚Gebrauchsfähigkeit‘ des operierten Fußes entwickelt sich von Tag zu Tag besser. Einmal wöchentlich mache ich Krankengymnastik, fast täglich – laut Handy – schaffe ich drei bis vier Kilometer Gehstrecke; ich habe kaum Schmerzen. Lediglich der Fußballen hat noch Taubheitssymptome, das Laufen ist nicht möglich*. Ich bin sehr zufrieden mit dem OP-Ergebnis!“ (Abb. 15) *Anmerkung des Autors: Joggen ist auch nicht das angestrebte Behandlungsziel bei der Versorgung der OSG-Arthrose mit einer Endoprothese!

Fazit

Eine prothetische Versorgung des OSG beinhaltet nur den Ersatz der destruierten Gelenkflächen. Bestehende periartikuläre Probleme, Fehlstellungen und Instabilitäten müssen zusätzlich korrigiert werden, wie dieser Casus sehr deutlich aufzeigt. Nur unter Berücksichtigung dieser Begleitpathologien ist eine langfristig erfolgreiche OSG-Prothesen-Versorgung erreichbar [26].