Mai 2023 – Ausgabe 41

Operative Behandlungen an der Wirbelsäule alter Patienten

Dr. med. Bernd Wiedenhöfer
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Dr. Yasser Kentar

Dr. Alexander Schollmeyer

Dr. Christiane Kartak

Schlüsselwörter: Spinalkanalstenose, Osteochondrose, Facettengelenksarthrose, Spondylolisthesis, Dekompression, Spondylodese

Ältere Patienten profitieren sehr gut von Operationen an der Wirbelsäule. Die Indikation zur Operation wird streng und klar anhand der vom Patienten angegebenen Symptome gestellt. In die Beine ausstrahlende Gesäßschmerzen sind Folge der Spinalkanalstenose und benötigen eine bewegungserhaltende minimalinvasive Dekompression. Überwiegende Rückenschmerzen benötigen eine ergänzende Stabilisierung. Die geklagten Beschwerden müssen durch die vorliegende Bildgebung eindeutig zu erklären sein.

Die Bevölkerung altert, was mit dem Auftreten von körperlichen Verschleißerscheinungen verbunden ist. Orthopädisch verursacht Verschleiß Veränderungen der Gelenke, also Arthrose. Arthrose kennt man beispielsweise von den Hüften (Koxarthrose) oder den Knien (Gonarthrose). Auch an der Wirbelsäule zeigen sich Verschleißveränderungen, da auch dort gelenkige Verbindungen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern vorhanden sind. Ein Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule besteht aus zwei benachbarten Wirbelkörpern, der dazwischen liegenden Bandscheibe im vorderen Anteil der Wirbelsäule und den verbindenden Wirbelgelenken im hinteren Teil. Diese Gelenke bezeichnet man als Facettengelenke. Zwischen dem vorderen und dem hinteren Teil der Wirbelsäule verläuft zentral der Rückenmarkskanal mit den Nerven.

Verschleiß an der Wirbelsäule

Verschleiß ist an der Wirbelsäule komplexer als an den Gelenken der Extremitäten. Er äußert sich einerseits im Höhenverlust der Bandscheiben. Bandscheiben bestehen aus Knorpelgewebe und werden nicht, wie Knochen, Muskeln, Fettgewebe, durch Blutgefäße ernährt, weshalb sie von Verschleißveränderungen bereits sehr früh betroffen sind. Dies äußert sich durch Bandscheibenvorfälle, die überwiegend im jungen bis mittleren Er-wachsenenalter auftreten, während sie im späteren Alter durch den Verlust der Flexibilität und die allgemeine Verhärtung von Gewebe deutlich seltener vorkommen. Allerdings ist damit auch ein Höhenverlust verbunden. Bandscheiben haben im Körper eine Stoßdämpferfunktion. Der Höhenverlust reduziert diese Funktion und induziert eine vermehrte Knochenbildung, um den Höhenverlust und die abnehmende Stoßdämpferfunktion zu kompensieren. Diesen Prozess nennt man Osteochondrose. Deren Konsequenz ist eine Erhöhung des Drucks in den Wirbelgelenken (Facettengelenken). Daraus entwickelt sich wiederum eine Arthrose der Wirbelgelenke (Facettengelenksarthrose). Teilweise verursacht dieser Verschleißprozess ein zusätzliches degeneratives Wirbelgleiten (Spondylolisthesis). Diese Spondylolisthesis ist der Nachweis einer verschleißbedingten Instabilität des Bewegungssegments.

Symptome

Die genannten Veränderungen verursachen einerseits mehr oder weniger starke Rückenschmerzen. Darüber hinaus – und das meist in entscheidendem Ausmaß – verursachen sie eine Einengung bis Verlegung des zentral durch das Bewegungssegment verlaufenden Rückenmarkskanals. Diese Einengung bezeichnet man als Spinalkanalstenose. Die klassische Symptomatik der Spinalkanalstenose ist eine zunehmende Ermüdung im Bereich der Beine und ein ausstrahlender Schmerz in den Beinen, der in der Regel seinen Ursprung im Bereich der Gesäßmuskulatur nimmt. Häufig werden auch Symptome wie Taubheitsgefühle, eine zunehmende Buckelbildung mit Vorneigung des Oberkörpers oder Gangunsicherheiten insbesondere in unwegsamem Gelände oder bei schlechten Lichtverhältnissen geklagt. Neurologische Defizite wie teilweise Lähmungen, beispielsweise der Fußhebung oder der Großzehenhebung, Schwächen im Bereich der Kniestreckung oder Hüftbeugung sind mögliche Beeinträchtigungen, die durch eine Spinalkanalstenose verursacht werden können.

Im schlimmsten Falle können sogar neurologische Beeinträchtigungen der Blasen- und Mastdarmfunktion auftreten.

Eine weitere Problematik des Alters stellt die Qualität des Knochens dar. Bedingt durch den Alterungsprozess und auch durch hormonelle Veränderungen kommt es zu einer Verringerung der Knochensubstanz. Dieses Phänomen bezeichnet man als Osteoporose. Osteoporose kann auch durch eine eingeschränkte Immobilität (Inaktivitätsosteoporose) entstehen.

Ziele und Planung der Therapie

Die genannten Verschleißveränderungen (Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose, Osteochon-drose/Facettenarthrose und Osteoporose) sind in der Planung von operativen Behandlungen der Wirbelsäule im Alter von größter Wichtigkeit. Wir wissen, dass Arthrose zur Einschränkung der Mobilität führt. Die zunehmende Immobilität stellt heute, wissenschaftlich belegt, einen relevanten Risikofaktor für die Ausbildung einer Altersdemenz dar. In diesem Zusammenhang sind die Gelenkarthrose (Osteochondrose/Facettenarthrose) und die Spinalkanalstenose als unabhängige Risikofaktoren nachgewiesen worden. Daraus ergibt sich eindeutig, dass jegliche Therapie der Wirbelsäule das Ziel einer verbesserten Mobilität ins Zentrum stellen muss.

Die Planung der Behandlung ist an der Wirbelsäule komplexer als an den Gelenken der Extremitäten. Ein Gelenk der Extremitäten besteht entweder aus zwei (z. B. Hüfte: Pfanne und Kopf) oder aus drei Gelenkspartnern (Kniegelenk: Kniescheibe, Oberschenkel und Unterschenkel). Die Bewegungssegmente der Wirbelsäule mit den Bandscheiben und den Wirbelgelenken stehen alleine mit den direkt benachbarten Bewegungssegmenten in einer komplexeren Verbindung. Betrachtet man die Wirbelsäule richtigerweise als zusammenhängende funktionelle Kette, so sind 26 paarige gelenkige Verbindungen zwischen dem Hinterhaupt und dem Iliosakralgelenk vorhanden. Diese sehr komplexe funktionelle Kette hat in der Regel nicht nur in einem Bewegungssegment eine Verschleißveränderung. Es gibt jedoch Bereiche der Wirbelsäule, die besonders häufig von Verschleiß betroffen sind: Insbesondere der Höhenverlust der Bandscheiben führt neben den arthrotischen Veränderungen auch zu einem Verlust der natürlichen Wölbung der Lendenwirbelsäule. Dieses lässt sich leicht im Alltag beobachten. Sehen wir junge Menschen durch eine Einkaufsstraße schlendern, so ist die Körperhaltung aufrecht. Bei älteren Menschen beobachtet man häufiger eine leicht vorgebeugte Haltung des Oberkörpers. Diese kann Ausdruck des Höhenverlustes der Bandscheiben und, damit verbunden, durch den Verlust der natürlichen Krümmung der Lendenwirbelsäule verursacht sein.

Aber auch pathologische Veränderungen in Gelenken, die der Wirbelsäule benachbart sind, können zu diesen Haltungsveränderungen beitragen. Ein typisches Beispiel ist die Hüftarthrose mit einer zunehmenden Einsteifung und dem Verlust der Streckfähigkeit im Hüftgelenk, wie sie unten in Fall 3 beschrieben ist. Auch diese Veränderung führt zu einer Vorneigung des Oberkörpers. Der vielleicht häufigste Grund für die Vorneigung des Rumpfes ist jedoch die Spinalkanalstenose. Durch die Vorneigung kommt es hier zu einem Auseinandergehen der Wirbelgelenke und damit zu einer relativen Erweiterung des Rückenmarkskanals, folglich zu einer Ver- ringerung der Spinalkanalstenose. Auch dies lässt sich im Alltag beobachten. Betroffene zeigen häufig ein langsames, leicht breitspuriges Gangbild. Es zeigt sich über eine kürzere Distanz eine zunehmende Verlangsamung des Gangs und die Notwendigkeit, sich zu setzen oder irgendwo anzulehnen und vorzubeugen. Durch diese Entlastungshaltung wird der Rückenmarkskanal erweitert und nach kurzer Zeit kann wieder eine kürzere Strecke zurückgelegt werden. Dieses Phänomen nennt man Claudicatio spinalis (Schaufensterkrankheit).

Zur Behandlung des Gelenkverschleißes an den Extremitäten ist der zentrale Baustein die Versorgung mit künstlichen Gelenken (Endoprothetik). Aufgrund der Komplexität der Bewegungssegmente der Wirbelsäule sind diese erfolgreichen Versorgungsstandards an der Wirbelsäule im Alter nicht geeignet. Bandscheibenprothesen sind im Gegensatz zu den Endoprothesen der Extremitäten Implantate für jüngere Patienten, da die Implantate (Bandscheibenprothesen) wenig verschlissene und asymptomatische Wirbelgelenke benötigen. Ein überwiegender Rückenschmerz, vergleichbar zum arthrotischen Leistenschmerz bei der symptomatischen Hüftarthrose, ist ein klares Zeichen, dass eine Bandscheibenprothese den durch symptomatischen Verschleiß bedingten Rückenschmerz des Alters nicht erfolgreich behandeln kann. Trotz der Erhaltung der Beweglichkeit im Bewegungssegment werden diese Rückenschmerzen durch den fortgeschrittenen Verschleiß der durch das Implantat nicht behandelten Facettengelenke nachhaltig gelindert, weshalb der Einsatz dieser Implantate im Alter nicht empfohlen wird.

Um den Rückenschmerz, der durch den Höhenverlust und die Osteochondrose und Facettenarthrose im Alter verursacht wird, erfolgreich zu behandeln, muss die Arthrose der Wirbelgelenke ebenfalls sicher adressiert werden. Das ist nachhaltig nur durch eine Versteifung (Spondylodese) in den betroffenen Bewegungssegmenten möglich.

Klinische Analyse

Bevor man allerdings über solch weitreichende therapeutische Optionen nachdenkt, bedarf es einer ausführlichen klinischen und radiologischen Analyse. In diese Beurteilung fließt zuallererst die geklagte Symptomatik ein. Rückenschmerzen werden oft nicht differenziert nach ihrem Ursprung.

Rückenschmerzen, die ihren Ursprung in der Osteochondrose bzw. der Arthrose oder Instabilität der Wirbel-gelenke (Facettenarthrose, Spondylolisthesis) haben, sind im Wesentlichen über der Wirbelsäule selbst, d. h. in der Regel oberhalb des Beckenkammes lokalisiert. Häufig wird berichtet, dass das Gefühl bestehe, „durchzubrechen“. Auch werden Schmerzen angegeben, die insbesondere bei Positionswechsel aus dem Sitzen entstehen oder in der Nacht beim Drehen von einer Seite auf die andere Seite. Davon zu unterscheiden sind „Rückenschmerzen“, die nicht an der Wirbelsäule entspringen, sondern im Gesäß. Diese Beschwerden werden meistens als ziehend und ausstrahlend beschrieben. Diese Schmerzen sind typisch für eine Einengung des Rückenmarkskanals (Spinalkanalstenose).

Bildgebung

Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass die pathologischen Veränderungen der Bildgebung (Röntgen und MRT) nicht immer die geklagten Symptome abbilden. Es ist beispielsweise möglich, dass hochgradiger Verschleiß im Bewegungssegment vorhanden ist. Eine Höhenminderung der Bandscheibe, Facettenarthrose und vielleicht eine zusätzliche Instabilität im Sinne der Spondylolisthesis können auf den Bildern zu sehen sein. Bei Nachfrage wird jedoch nicht über Rückenschmerzen im oben beschriebenen Sinne berichtet und es werden auch keine Schmerzen bei Positionswechsel angegeben, sondern ausschließlich Schmerzen im Bereich des Gesäßes mit Ausstrahlung in die Beine. In diesem Falle ist die nachgewiesene Instabilität bzw. der fortgeschrittene Verschleiß im Bewegungssegment ohne Symptome. Daraus ergibt sich, dass Bildgebung und Symptomatik nicht eindeutig zueinander passen. Symptomatisch ist ausschließlich die ebenfalls nachgewiesene Spinalkanalstenose. Nur diese benötigt eindeutig eine Behandlung.

Sollte bei gleicher Bildgebung jedoch auch ein relevanter Rückenschmerz vorhanden sein, so sind der Gelenkverschleiß und die Instabilität ebenfalls symptomatisch. In diesem Falle würde eine komplette Übereinstimmung von Bildgebung und Befunden bestehen. Dann muss auch die Instabilität behandelt werden.

Bei der Betrachtung der Bildgebung ist ferner noch die Knochenstruktur zu beurteilen. Bestehen relevante Hinweise auf eine Osteoporose, muss diese ebenfalls in die Behandlungsplanung einbezogen werden.

Operative Therapie

Hat sich im Rahmen der durchgeführten Behandlung die Fortführung konservativer Maßnahmen als frustran erwiesen, sind die Lebensqualität und die Mobilität der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigt, muss über operative Maßnahmen nachgedacht werden. Hierbei ist zu beachten, dass eine operative Therapie, wie oben beschrieben, insbesondere zur Vorbeugung von sekundären Beeinträchtigungen, bedingt durch die fehlende Mobilität, dient. In der Planung muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass insbesondere Patienten mit einem Lebensalter über 80 Jahre ein deutlich erhöhtes Risiko, insbesondere bei langen und körperlich stark belastenden Operationen, für postoperative Durchgangssyndrome (postoperatives Delirium) haben. Insbesondere Operationen mit einer Dauer von mehr als vier Stunden werden als Risikoeingriffe betrachtet.

In diesem Wissen sollte auch älteren Patienten bei signifikanter und eindeutiger durch den Wirbelsäulen-verschleiß bedingter Einschränkung der Mobilität zu operativen Maßnahmen geraten werden. Die Operationen sollten so kurz und so minimalinvasiv wie möglich sein. Sie verfolgen v. a. das Ziel der maximal möglichen Verbesserung der Mobilität.

Minimalinvasive Dekompression des Rückenmarkskanals

Bei Patienten mit dem Bild einer Spinalkanalstenose (Schmerzausstrahlung aus dem Gesäß in die Beine, Unsicherheit und Ermüdung der Beine) ist die selektive, bewegungserhaltende, minimalinvasive Erweiterung (Dekompression) des Rückenmarkskanals im oder in den betroffenen Segmenten eine sehr erfolgreiche Operation. Patienten profitieren in der Regel zügig von einer Verbesserung der Mobilität und der Schmerzlinderung.

Spondylodese

Bei zusätzlichen Rückenschmerzen, die durch den Verschleiß der Wirbelgelenke und ggf. durch eine Instabilität des Bewegungssegmentes oder durch mehrere Bewegungssegmente verursacht sind, ist eine solche bewegungserhaltende, minimalinvasive Operation nicht möglich. In diesem Falle müssen die Bewegungs- segmente stabilisiert und in dieser Position auch versteift werden (Spondylodese). Bei dieser Operation ist zu beachten, dass das behandelte Bewegungssegment in einer Position versteift wird, die der natürlichen Anatomie nahekommt. Hierfür ist es in der Regel notwendig, eine kombinierte Versteifung mit einem Schrauben-Stab-System durchzuführen, das die betroffenen Wirbelkörper von hinten auffädelt, sowie eine zusätzliche Aus- räumung und Höhenrekonstruktion der zugehörigen Bandscheiben. Auch eine Dekompression der betroffenen Segmente ist gleichzeitig möglich. Im Rahmen der Operationsplanung wird eine sorgfältige internistische Abklärung im Vorfeld durchgeführt. In bestimmten Fällen kann zur Verkleinerung des Eingriffs auf die Rekonstruktion des Bandscheibenfachs verzichtet werden. Diese Verfahren sind auch bei osteoporotischer Knochenqualität möglich. Hier müssen die Implantate ggf. zur besseren Verankerung einzementiert werden.

Dieses an der Symptomatik orientierte Stufenkonzept soll exemplarisch an drei klinischen Fällen veranschaulicht werden.

Fall 1 (Abbildung 1)

78-jährige Patientin mit Schmerzen,im Gesäß beginnend und vornehmlich entlang des rechten, in geringerem Ausmaß aber auch des linken äußeren Oberschenkels und des vorderen Unterschenkels ausstrahlend mit Gefühlsstörungen im Bein unter Belastung. Die Gehstrecke ist auf maximal 500 m ohne Hilfsmittel am Stück reduziert. Die Beeinträchtigung der Mobilität wird als stark einschränkend wahrgenommen. Die gewohnte körperliche Aktivität ist nicht mehr durchführbar. Im Sitzen und im Liegen seien keine Schmerzen vorhanden. Auch Positionswechsel werden nicht als schmerzhaft angegeben. Rückenschmerzen werden verneint.

Die MRT der Lendenwirbelsäule zeigt eine hochgradige Spinalkanalstenose zwischen dem vierten und dem fünften Lendenwirbelkörper (L4/L5) (Abb. 1). Zeichen einer höhergradigen Facettengelenksarthrose oder Zeichen der Instabilität sind nicht vorhanden. Die Bandscheibe ist mittelgradig höhengemindert und zentral vorgewölbt bis vorgefallen.

In der Zusammenschau der Befunde mit der vorliegenden Bildgebung handelt es sich um eine symptomatische Spinalkanalstenose. Die selektive minimalinvasive bewegungserhaltende Dekompression mit Bandscheibenvorfallentfernung L4/5 wurde durchgeführt. Die Mobilisation aus dem Bett nach der Operation erfolgt am Operationstag. Die Schmerzen sind unmittelbar nach der Operation bereits signifikant gelindert. Die Entlassung aus der stationären Behandlung kann nach Überprüfung der selbstständigen Mobilität auf Station und nach Überprüfung der Fähigkeit, selbstständig Treppen zu steigen, am zweiten postoperativen Tag erfolgen. Bei der vereinbarungsgemäßen Wiedervorstellung drei Monate postoperativ werden keine Beinschmerzen mehr geklagt. Zu diesem Zeitpunkt wird bereits eine schmerzfreie Gehstrecke von ca. 4 km angegeben. Die Lebensqualität ist signifikant verbessert.

Fall 2 (Abbildung 2)

75-jähriger Patient, deutliche tieflumbale Rückenschmerzen, Schmerzen bei Positionswechsel vom Sitzen ins Stehen sowie nachts bei Drehbewegungen. Die Gehstrecke beträgt weniger als 1000 m. Wenn er die Ehefrau beim Einkaufen begleitet, nimmt der Patient den Einkaufswagen, da er sich über diesen nach vorne beugen kann (klinisches Zeichen der Spinalkanalstenose). Damit fällt es ihm leichter zu laufen. Besonders langsames Laufen ist schmerzhaft. Längeres Stehen, z. B. eine Unterhaltung mit Bekannten im Ort, ist belastend, weshalb es ver- mieden wird. Die Schmerzen strahlen in beide Beine aus. Neurologische Defizite sind nicht vorhanden.

Radiologisch zeigt sich im Röntgen eine deutliche Osteochondrose und verschleißbedingte Spondylolisthesis (gelbe Pfeile). Die MRT objektiviert im Segment eine hochgradige Spinalkanalstenose (blauer Pfeil).

Bilder und Befund indizieren die Spondylodese (Versteifung) in der korrigierten Position (Bild rechts). Die Mobilisation beginnt am Folgetag der Operation. Die vor der Operation geklagten Rückenschmerzen sind zügig rückläufig. Bei der verinbarungsgemäßen Wiedervorstellung drei Monate postoperativ ist die Gehstrecke verdoppelt und die Rückenschmerzen sind um 80 % reduziert. Schmerzmedikamente werden nicht mehr benötigt. Es besteht Zufriedenheit mit dem Operationsergebnis.

Fall 3 (Abbildung 3)

85-jähriger Patient mit einer hochgradigen Einschränkung der Gehstrecke auf 100 m. Über Taubheitsgefühle und eine Gangunsicherheit in beiden Beinen wird berichtet. Das Gangbild ist massiv vorgebeugt. Die Schmerzen beginnen im Gesäß; geringere Schmerzen werden auch im Bereich der Leisten angegeben.

Das Röntgen zeigt nur einen mäßigen Verschleiß im Bereich der Lendenwirbelsäule. Im EOS-Imaging der ganzen Wirbelsäule zur Beurteilung der mutmaßlichen Wirbelsäulendeformität sind die natürlichen Kurven der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule unerwartet gut erhalten. Trotzdem fällt das Schwerelot (blaue Linie) deutlich vor die Hüftköpfe. Das bedeutet eine vermehrte Notwendigkeit der (möglicherweise schmerzverursachenden) muskulären Aufrichtung des Rumpfs. Das MRT der Lendenwirbelsäule zeigt hochgradige Spinalkanalstenosen auf zwei Etagen (L2/3 und L3/4), die die Einschränkung der Gehstrecke und die Sensibilitätsstörungen klar erklären können. Auch die Vorbeugung im Gangbild ist dadurch grundsätzlich erklärlich.

Bei der Untersuchung fielen jedoch deutliche Einschränkungen der Bewegung in beiden Hüftgelenken auf (blauer Kreis), die im EOS-Imaging als fortgeschrittene Arthrosen der Hüftgelenke imponierten.

Durch die selektive minimalinvasive Dekompression der Lendenwirbelsäule konnte die Mobilität signifikant verbessert und die Sensibilitätsstörungen konnten überwiegend aufgehoben werden. Eine Vorbeugung des Gangbildes blieb als Folge der Hüftgelenksarthrose bestehen. Wesentliche Schmerzen hierdurch wurden jedoch nicht beklagt. Es wurde empfohlen, bei erneuter Einschränkung der Gehstrecke bzw. bei Auftreten von Leistenschmerzen sich einem Hüftchirurgen vorzustellen mit der Frage der Implantation einer Hüftgelenktotalendoprothese.

Fazit

Zusammenfassend sind Operationen an der Wirbelsäule bei alten Patienten sehr erfolgreich. Die Indikation zur Operation wird klar anhand der angegebenen Symptome gestellt. Schmerzen, die im Bereich des Gesäßes beginnen und in die Beine ausstrahlen, sind Folge der Spinalkanalstenose und benötigen in der Regel ausschließlich eine bewegungserhaltende Dekompression. Zusätzliche Rückenschmerzen stellen die Indikation zur ergänzenden Stabilisierung. Bei Vorliegen einer Osteoporose muss ggf. eine ergänzende Zementierung der Implantate zur Verbesserung ihrer Verankerung in Erwägung gezogen werden. Es ist deshalb notwendig, im Vorfeld eine genaue Analyse der Beschwerden durchzuführen. Die geklagten Beschwerden müssen durch die vorliegende Bildgebung eindeutig zu erklären sein.