Mai 2021 – Ausgabe 37

Minced Cartilage – eine neuartige Therapie zur Behandlung von Gelenkkorpelschäden

Dr. med. Steffen Thier
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Dr. med. Benjamin Weinkauf
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Keywords: Knorpelersatz, Minced Cartilage

Knorpeldefekte des Kniegelenkes können durch verschiedene Knorpeler­satztechniken behandelt werden. Die Ziele jeder Knorpelersatztherapie sind eine hohe Qualität und Langfristigkeit des Ersatzgewebes sowie ein schneller Return­to­Sport. Die neuartige „Minced Cartilage“­Therapie („zerkleinerter“ Knorpel) ist ein einfaches Verfahren, welches im Rahmen einer Operation durchgeführt werden kann, ohne dass die Anzüchtung von Knorpelgewebe notwendig ist. Wissenschaftliche Studien zeigen sehr gute postoperative Ergebnisse, welche auf das hohe biologische Potenzial zu­rückgeführt werden, da es sich um autologe aktivierte Chondrozyten handelt.

Entstehung und Verlauf von Knorpelschäden

Die Ursache von Knorpelschäden ist vielfältig, so können direkte oder indirekte Traumen, Überbelastungen oder auch Fehlstellungen Knorpelschäden auslösen. Lokalisierte Knorpelschäden führen nach­weislich zu einer Umverteilung der Druck­belastung im Gelenk. Durch Scherbelas­tungen, insbesondere im Randbereich der Knorpelschäden, werden diese im Ver­lauf fortschreiten und können für die Ent­stehung einer Arthrose ursächlich sein.

Symptomatik

Knorpelschäden präsentieren sich meist durch eine relativ unspezifische Sympto­matik. Da das Knorpelgewebe selbst keine Schmerzen auslöst (keine Nervenzellen), wird vermutet, dass eine Knorpelschä­digung erst dann Schmerzen verursacht, wenn der darunterliegende Knochen re­agiert. Somit treten Schmerzen meist erst bei einer vollschichtigen Knorpelschädi­gung auf. Anfänglich berichten die Patien­ten meist über wiederkehrende Ergüsse. Die unspezifische Symptomatik der Knorpelschäden kann eine frühzeitige Diagnose manchmal verschleppen.

Therapie von Knorpelschäden

Die Behandlung von Knorpelschäden wird im Wesentlichen in drei verschiede­ne Therapiekonzepte unterteilt. Diese sind abhängig vom Patientenalter, der Defektgröße und ­-lokalisation sowie der Defekttiefe (Abb. 1).

Die Knorpelzelltransplantation stellt die Therapie der Wahl bei großen Knor­pelschäden (> 2cm2) dar. Es handelt sich um ein zweizeitiges Therapieverfahren. Im Rahmen der ersten Operation wird Knorpelgewebe entnommen und dieses anschließend 3–4 Wochen kultiviert. Im Rahmen einer zweiten OP werden die Knorpelzellen dann in den Knorpelscha­den transplantiert. Die Überlegenheit bei großen Knorpelschäden wurde im Ver­gleich zu anderen Knorpelersatzverfahren mehrfach wissenschaftlich bestätigt. Nachteile des Verfahrens sind die hohen Kosten sowie das zweizeitige Vorgehen.

Knochenmarkstimulierende Therapien

Knochenmarkstimulierende Therapien wie die Mikrofrakturierung sind für kleinere Knorpeldefekte vorgesehen. Hierbei wird der Knochen im Defektbereich mit einer Ahle perforiert, was eine Einblutung aus „Minced Cartilage“ – eine neu ­ artige Therapie zur Behandlung von GelenkkorpelschädenVon Steffen Thier und Benjamin Weinkaufdem Knochen auslöst. Das Blut beinhaltet viele Ursprungszellen und führt so zur Ausbildung einer Knorpelnarbe. Die Mi­krofrakturierung ist limitiert auf kleine Knorpelschäden und zeigt in jüngeren Studien nach ca. 3–5 Jahren eine deutli­che Ergebnisverschlechterung. Aufgrund dessen ist diese Therapieoption aus unserer Sicht nicht mehr zu empfehlen.

Im Rahmen einer Knorpel­-Knochen- Transplantation wird ein Knorpel­ Knochenzylinder aus einem nicht belas­teten Anteil des Gelenkes entnommen und in den Knorpeldefekt im Bereich der Belastungszone transplantiert. Auch dieses Verfahren ist bezüglich der Größe limitiert und schafft einen zusätzlichen Entnahmedefekt.

Minced Cartilage

Grundsätzlich kann man die Technik der„Minced Cartilage“ (to mince = zerklei­nern) als eine einzeitige Knorpelzelltrans­plantation beschreiben. Während der Operation wird gesunder Knorpel aus dem Randbereich des Knorpelschadens gewonnen und unmittelbar in kleinste Stückchen (Knorpelchips) zerschnitten. Direkt im Anschluss werden die Knor­pelchips mit einem Gewebekleber in den Knorpeldefekt eingeklebt. Der Ablauf einer „Minced Cartilage“ ist in Abb. 2 dar­gestellt. Durch das Zerschneiden werden die Knorpelschäden aktiviert und es kommt zum Herauswandern der Knorpel­zellen aus den Knorpelstückchen. Diese Knorpelzellen bauen dann die extrazellu­läre Matrix des Knorpels (bestehend aus Kollagen und Proteoglykanen) wieder auf. Die extrazelluläre Matrix ist wichtig für die einzigartigen mechanischen Eigenschaf­ten des Knorpelgewebes. Da es sich um eine einzeitige Therapiemöglichkeit han­delt, kann immer spontan während einer Gelenkoperation reagiert werden. Das Verfahren ist unmittelbar umzusetzen. Bisherige Studien zu dem Thema zeigen sich als vielversprechend (Abb. 3).

So wurden von drei unterschiedlichen Arbeitsgruppen sehr gute Zweijahreser­gebnisse publiziert. Die erste Studie ist von der Arbeitsgruppe um Cole et al. von 2011. Hier wurde die Mikrofrakturierung mit der „Minced Cartilage“­Therapie verglichen. 29 Patienten wurden über zwei Jahre nachuntersucht. Die Patienten mit „Minced Car­tilage“ zeigten ein und zwei Jahre post­operativ signifikant bessere Ergebnisse.

Christensen et al. publizierten 2015 ihre Ergebnisse nach der Behandlung von Knorpelschäden mit Knochenbeteiligung. Bei den acht Patienten wurde der Kno­chendefekt mit körpereigenem Knochen aufgefüllt und anschließend eine Minced­ Cartilage­-Therapie durchgeführt. Post­operativ zeigten die Patienten eine deut­liche Verbesserung. Die MRT­-Unter­suchungen nach der Operation zeigten im Verlauf eine sehr gute Qualität des Knorpelersatzgewebes und eine Rekon­struktion des subchondralen Knochens.

Massen et al. behandelten 27 Patienten durch eine „Minced Cartilage“­Therapie und untersuchten die Patienten über zwei Jahre nach. Die Behandlung führte zu einer deutlichen Verbesserung des Schmerz­levels und der Funktion des Kniegelenkes. In den MRT­-Untersuchungen konnte eine gute Defektfüllung bestätigt werden. Behandlungsassoziierte Komplikationen wurden in keiner der Studien beobachtet.

Fazit

Die klinischen Ergebnisse der Minced­ Cartilage­-Therapie sind vielversprechend. Bisherige Daten bestätigen, dass das Minced ­Cartilage­-Verfahren sicher anzu­wenden ist und sehr gute postoperative Ergebnisse zeigt. Komplikations­/bzw. Revisionsraten sind nicht höher als bei anderen Knorpelersatztherapien.