Oktober 2020 – Ausgabe 36

Indikation zur Hüftarthrodese und deren Konvertierung in eine Hüftendoprothese

Prof. Dr. med. Fritz Thorey
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Keywords: Arthrodese, Hüfte, Konvertierung, Hüftendoprothese

Die Hüftarthrodese wurde in der Vergangenheit erfolgreich nach einem Gelenkinfekt (Empyem) oder bei Fehlen der muskulären Führung durchgeführt. Aufgrund der Mehrbelastung der Lendenwirbelsäule und des Kniegelenks sowie Beschwerden am lumbosakralen Übergang ist dieses Verfahren langfristig jedoch problematisch. Durch die Fortschritte in der Endoprothetik ist die Hüftarthrodese nur noch von geringer Bedeutung. Eine Konvertierung zur HüftTEP ist möglich, jedoch hat dieser Eingriff eine hohe Komplikationsrate, die ausführlich mit dem Patienten vor dem Eingriff besprochen werden muss.

Abb. 1a, b: 37-jähriger Patient mit Hüftarthrodese rechtsseitig mit einliegendem Osteosynthesematerial, die im Alter von 18 Jahren durchgeführt wurde (a). Aufgrund lumbosakraler Beschwerden erfolgte die Implantation einer Hüftendoprothese mit tripolarer Pfanne mit refixierter Glutealmuskulatur am Trochanter major (b).

Die Behandlung junger Erwachsener mit schwerer Hüftgelenksarthrose war vor al­lem in der Vergangenheit aufgrund der ho­hen Versagerraten der Hüfttotalendoprothetik (Hüft­TEP) ein großes Problem. Die erhöhte Rate an aseptischen Lockerungen war teilweise die Folge von erhöhter kör­perlicher Aktivität und funktioneller Bean­spruchung, die zu einem mechanischen Versagen von bis zu 50 % führte. Dieses hat sich aufgrund der Verbesserung der Gleitpaarungen mit geringem Abrieb in den letzten Jahren deutlich verbessert, sodass die Indikation zur Hüftgelenkver­steifung immer seltener gestellt wird.

Die Arthrodese der Hüfte wurde erstmals 1885 von Heuysner bei Hüftdysplasien durchgeführt und später bei der Behand­lung der Hüfttuberkulose angewendet. Watson­Jones berichtete über eine Tech­nik, bei der der Femurkopf durch die Verwendung eines langen Smith­Peter­sen­Nagels intern am Becken fixiert wurde und die Fusionsraten bis zu 94 % betrugen. 1953 beschrieb Charnley eine Technik mit guten Ergebnissen bei 88 % der Patienten. In der heutigen Zeit gilt die Hüftarthrodese aufgrund der höheren Patientenerwartungen an die spätere Aktivität als letztes Mittel der Wahl. Sie hat sich jedoch in der Vergangenheit als zu­verlässige Option für junge Patienten erwiesen, da sie eine Schmerzlinderung und verbesserte Funktion ohne die Not­wendigkeit einer Endoprothese bot. Die Konvertierung in eine Hüft­TEP wurde im Verlauf aufgrund von Schmerzen in be­nachbarten Gelenken wie im Lumbosa­kralbereich, in den Kniegelenken und in der kontralateralen Hüfte häufig notwen­dig. Dieses Verfahren kann diese Sympto­me verbessern, ist aber technisch an­spruchsvoll.

Hüftarthrodese

In der Literatur gibt es nur wenige Studien, die sich mit dem Thema ausführlicher beschäftigen. Diese beschreiben ein Ver­hältnis von Männern zu Frauen von 2:1. Das Alter zum Zeitpunkt der Hüftarthro­dese betrug 14–42,9 Jahre und die Dauer der Nachuntersuchung 2–38 Jahre. Die Hauptindikationen für eine Hüftarthrodese waren primäre Arthrosen und traumati­sche Arthrosen, Hüfttuberkulosen, septi­sche Arthritiden, avaskuläre Nekrosen, Hüftdysplasien, M. Perthes, Epiphyseoly­ sis capitis femoris, kongenitale Coxavara und andere nicht spezifizierte Ursachen.

Es wurden unterschiedliche Techniken mit einer Kombination aus intra­ und ex­traartikulären Verfahren beschrieben. Die ideale Position für eine Hüftarthrodese wurde als Flexion von 20°–30°, Adduktion von 5°–7° und Außenrotation von 5°–10° angegeben. Diese Position erlaubt den umliegenden Gelenken, einen erhöhten Bewegungs­ und Aktivitätsumfang ohne übermäßige Belastung aufzunehmen. Die derzeit zuverlässigsten chirurgischen Techniken beinhalten eine interne Fixati­on, da sie keine externe postoperative Ruhigstellung erfordern und höhere Vereinigungsraten ermöglichen. Die Hüftar­throdese kann jedoch auch mit einer Plat­tenosteosynthese durchgeführt werden, wobei der Trochanter major entweder
in das Gelenk eingebracht oder über der eingebrachten Platte refixiert wird. Wichtig hierbei ist die Stabilität der Osteosynthe­se, da es ansonsten zu keiner adäquaten knöchernen Durchbauung und somit zu einer erhöhten Gefahr eines Implantat­versagens kommen kann.

Die Nachbehandlung variierte von einer Ruhigstellung bis zur frühzeitigen Mobili­sation, bis es zu einer knöchernen Aus­heilung kam. Problematisch war die hohe Inzidenz von benachbarten Gelenk­schmerzen, die für den Lumbosakral­ Bereich und das gleichseitige Knie am häufigsten beschrieben waren.

Aufgrund dieser Probleme wurde bei ca. 10 % der Patienten im Verlauf eine Konvertierung in eine Hüft­TEP durchge­führt. Komplikationen bei diesem Eingriff betrafen oberflächliche oder tiefe Wund­infektionen, Materialbruch, Implantat­ Lockerungen und tiefe Venenthrombosen. Im Zuge der Weiterentwicklung minimal­ invasiver Zugangstechniken und der Im­plantat­Materialien mit besseren Gleit­paarungen (geringer Abrieb) hat die Zahl der Hüftarthrodesen in den letzten Jahren deutlich abgenommen.

Konvertierung der Arthrodese in eine HüftTEP

Es gibt weniger als 20 Studien, die eine Nachuntersuchung von Patienten nach Konvertierung in eine Hüft­TEP beschrei­ben. Interessanterweise ist das Verhältnis von Männern zu Frauen annähernd gleich mit einer leichten weiblichen Mehrheit. Die mittlere Standzeit der Hüftarthrodese betrug 17–35 Jahre, das mittlere Alter bei der Konvertierung betrug 49–58 Jah­re. Indikationen zur Konvertierung waren lumbale Schmerzen, gleichseitige Hüft-­ oder Knieschmerzen, kontralaterale Hüft-­ oder Knieschmerzen, Fehlstellungen, Frakturen und Pseudarthrosen. Ein Bei­spiel für die gelungene Konvertierung nach 20 Jahren bietet Abb. 1

Als Zugangswege für die Operation wur­den posteriore, anteriore, laterale und transtrochantäre Techniken beschrieben. In über 90 % der Patienten kam es zu einer Schmerzlinderung, die überwiegend den lumbosakralen Übergangsbereich und das gleichseitige Kniegelenk betraf. Die durchschnittliche Patientenzufrieden­heit lag zwischen 63 % und 100 %.

Postoperative Komplikationen wurden in 10 %–54 % der Fälle beschrieben. Dazu gehörten mechanisches Versagen der Hüft­TEP, aseptische Lockerungen, Luxa­tionen, tiefe Infektionen, Nervenschäden, symptomatische heterotope Ossifikatio­nen, Thrombosen, verzögerte Wund­heilungen, Trochanterfrakturen und Fehl­stellungen. Die Revisionsrate lag bei 4 %–27 % und die häufigsten Indikatio­nen für Revisionsoperationen waren tiefe Infektionen, aseptische Lockerungen und Luxationen.

Diskussion

Die Hüftarthrodese ist heutzutage aufgrund der zunehmenden Popularität der Hüft­TEP und der höheren Patientener­wartungen ein seltenes Verfahren gewor­den. Dieses ist auf minimalinvasive Operationstechniken, verbesserte Im­plantat ­Designs und die Weiterentwick­lung der Materialien zurückzuführen.

Kontraindikationen und relative Kontraindi­kationen für eine Hüftarthrodese sind eine aktive Sepsis in der Hüfte (die vor der Operation mindestens ein Jahr lang infek­tionsfrei sein sollte), polyartikuläre oder entzündliche Arthritiden aufgrund des Risikos zur Entwicklung von Symptomen in der kontralateralen Hüfte sowie Patienten mit traumatischer Fehlstellung oder Insta­bilität des Knies aufgrund des erhöhten Potenzials, die Biomechanik der unteren Extremitäten signifikant zu verändern.

Da die Erwartungen der Patienten ständig steigen, ist es wichtig, dass sie angemessen vor einer Operation beraten wer­den. Die Gesamtergebnisse der Hüftar­throdese sind im Allgemeinen sehr gut, wobei bei der Mehrzahl der Patienten eine gute knöcherne Heilung zu erwarten ist. Allerdings traten häufig Schmerzen in benachbarten Gelenken auf, wobei fast jeder Zehnte nach zwei Jahren Rücken-­ oder gleichseitige Kniegelenkschmerzen hatte. Die Inzidenz von benachbarten Gelenkschmerzen nimmt mit der Zeit zu und die Aktivität im täglichen Leben ab.

Etwa 1/5 der Patienten mit einer früheren Hüftarthrodese erhielten einen Konversi­onseingriff zu einer Hüft­TEP. Während bei den Patienten, die sich einer primären Hüftarthrodese unterziehen, ein höheres Männer­zu­Frauen­Verhältnis zu beob­achten ist, gilt das Gegenteil für die Kon­vertierung. Wie bereits beschrieben, war die Hauptindikation der benachbarte Gelenkschmerz. Es wurde jedoch auch über Fehlhaltungen, kontralaterale Gliederschmerzen, Frakturen und Pseudarthrosen berichtet. Die einzige absolute Kontraindi­kation für eine Konvertierung ist eine aktive Sepsis in der Hüfte.

Die Hauptprinzipien bei der Konvertierung zur Hüft­TEP beinhalten die Identifizierung der Abduktorenmuskeln (mittels Kern­spintomographie und intraoperativer Be­urteilung der Muskelsituation), die Erhal­tung der Muskulatur, die Rekonstruktion des Hüftdrehzentrums, die Vermeidung einer Fehlpositionierung der Implantat­komponenten und die Korrektur der Bein­längendifferenz. Hierbei ist es unabding­bar, intraoperative Röntgenkontrollen durchzuführen. Häufig ist eine Iliopsoas­ Tenotomie erforderlich, um persistierende Flexionsdeformitäten zu korrigieren. Die Implantatauswahl und die Fixationsme­thoden hängen von der Knochenqualität und Fehlstellungen ab. Ebenfalls sollte aufgrund der erhöhten Instabilität überlegt werden, eine tripolare Pfanne als Luxati­onsschutz zu wählen (siehe Abb. 1).

Postoperativ wird eine Teilbelastung für 6–12 Wochen empfohlen, um die Heilung des Knochens und des Abduktorme­chanismus zu ermöglichen. Die Physio­therapie sollte frühzeitig beginnen, jedoch ohne aktive Flexion oder Abduktion. Bei über 85 % der Patienten führt die Konver­tierung in eine HüftTEP zu einer Besse­rung der Beschwerden der angrenzenden Gelenke. Dennoch besteht eine sehr hohe Komplikationsrate von über 50 %, denen sich sowohl Operateur als auch Patient vor der Entscheidung zu einer Konvertierung bewusst sein müssen. Da­her sollten sowohl Hüftarthrodesen als auch die Konvertierung nur von Hüftspezalisten durchgeführt werden, um die Rate der Komplikation geringer zu halten.

Zusammenfassung

Durch die Fortschritte in der Endoprothe­tik ist die Hüftarthrodese heute nur noch von geringer Bedeutung. Das Lösen der Hüftarthrodese und die Konvertierung in eine Hüftendoprothese wird aufgrund von Schmerzen in angrenzenden Gelen­ken durchgeführt. Dieses Verfahren ist nicht unproblematisch, da dabei eine er­ höhte Infektionsgefahr und anschließend ein erhöhtes Luxationsrisiko sowie funk­tionelle Einschränkungen durch die atro­phierte Muskulatur bestehen, sodass der Rehabilitationsverlauf langwierig ist und in vielen Fällen ein Trendelenburg­Hinken zurückbleiben kann.