Oktober 2023 – Ausgabe 42

Die Sonnenseiten des Leistungssports und ihre Spätfolgen

Jäger

Dr. med. Claudia Jäger
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Schlüsselwörter: Sonnenschäden, Hautkrebs, Sonnenschutz, Photoprotektion

Vor allem die im Freien trainierenden Leistungssportlerinnen und -sportler haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Hautschäden, die durch UV-Licht bedingt sind. Durch lange Trainingszeiten, welche häufig zu Tageszeiten mit hoher UV-Belastung stattfinden, steigt die Anzahl an episodischen Sonnenbränden und chronischen Hautschädigungen. Dazu kommt häufig, dass während des Trainings und der Wettkämpfe wenig bis kein Schatten aufgesucht werden kann. Ein guter Schutz gegen die schädigenden Sonnenstrahlen bietet die Bekleidung. Aber auch hier sind häufig sportartspezifische Trikots kein ausreichender Schutz für das größte Organ des Menschen. Adäquate Bekleidung, geeigneter Sonnenschutz und das Meiden der Zeiten mit der höchsten UV-Belastung sind die wichtigsten Maßnahmen, um Sonnenschäden an der Haut vorzubeugen.

Chronische Lichtschäden: Aktinische Keratose, Plattenepithel- und Basal-Zellkarzenom

Die Einwirkung von Sonnenlicht verursacht Schäden an der zellulären DNA, die sich im Laufe der Jahre aufsummieren und zu sogenannten aktinischen Hautschäden führen. Wenn sie nicht angemessen behandelt werden, kann nicht-melanozytärer Hautkrebs entstehen. Outdoor-Sportlerinnen und -Sportler sind besonders gefährdet. Lange Trainingszeiten und Wettkämpfe oft während den Tageszeiten mit dem höchsten UV-Index und eingeschränkter textiler Sonnenschutz führen zu einer hohen Sonnenexposition von Leistungssportlerinnen und -sportlern. Das Ausmaß der UV-Exposition hängt sowohl von der Sportart als auch von geografischen Faktoren ab. So ist der UV-Index zum Beispiel in den Bergen durch die Reflektion der Sonne durch den Schnee, die dünnere Luft und die Ozonschicht ca. 20 bis 30 Prozent höher als auf Meeresniveau [Allen M, McKenzie R. Enhanced UV exposure on a ski-field compared with exposures at sea level. Photochem Photobiol Sci. 2005;4(5):429–437]. Dies führt dazu, dass bei Skifahrerinnen und Skifahrern ohne Sonnenschutz es bereits innerhalb von sechs Minuten zu einem Sonnenbrand kommen kann [Rigel DS, Rigel EG, Rigel AC. Effects of altitude and latitude on ambient UVB radiation. J Am Acad Dermatol. 1999;40(1):114–116]. Leistungswassersportlerinnen und -sportler verbringen im Durchschnitt vier Stunden pro Tag im Freien und nur ca. 7 Prozent von ihnen meiden hierbei die Mittagszeit [de Castro MG, Gutierrez-Manzanedo JV, Gonzalez-Montesinos JL, Vaz Pardal C, Rivas Ruiz F, de Troya MM. Sun exposure and photoprotection: habits, knowledge and attitudes among elite kitesurfers. J Cancer Educ. 2020;27:1–7]. Leistungssportlerinnen und -sportler mit hellem Hauttyp haben zudem ein höheres Risiko für Spätfolgen, die durch die chronische Sonnenexposition entstehen.

Zu den Formen des hellen Hautkrebses gehören das Spinaliom (Plattenepithelkarzinom) und das Basaliom (Basalzellkarzinom). Eine Vorstufe des Plattenepithelkarzinoms ist die aktinische Keratose, die sich über Jahre langsam entwickelt. Sie stellt ein Plattenepithelkarzinom der Epidermis in situ dar [Heaphy & Ackerman 2000, Ackerman 2003]. Aktinische Keratosen treten besonders häufig an Stellen auf, die dem Sonnenlicht ungeschützt ausgesetzt sind. Dazu gehören die Kopfhaut (Glatze), das Gesicht (Nase, Stirn), Arme, Ohren und Handrücken. Bei etwa 10 Prozent aller Patientinnen und Patienten mit aktinischen Keratosen wird im weiteren Verlauf das Auftreten eines invasiven Plattenepithelkarzinoms der Haut beobachtet. In einer Studie, in der mehr als 1000 Plattenepithelkarzinome auf sonnengeschädigter Haut histologisch untersucht wurden, konnte gezeigt werden, dass in der Peripherie der Plattenepithelkarzinome in fast 100 Prozent der Fälle histopathologische Veränderungen im Sinne von aktinischen Keratosen vorliegen [Guenthner et al. 1999].

Basalzellkarzinome gehören ebenfalls in die Gruppe der hellen Hautkrebse. Insbesondere bei Wassersportlerinnen und -sportlern (z. B. Schwimmen, Surfen und Segeln) kommt es zu einem signifikant erhöhten Auftreten dieses Hauttumors [Rosso S, Joris F, Zanetti R. Risk of basal and squamous cell carcinomas of the skin in Sion, Switzerland: a case-control study. Tumori. 1999;85(6):435–442].

Prävention

Eine wichtige Präventionsmaßnahme ist die äußerliche Anwendung von Sonnenschutzmitteln. Die sogenannte Photoprotektion ist eine aus dermatologischer Sicht effektive und praxisgerechte Methode zur Verhinderung schädigender Ultravioletteffekte wie Karzinogenese und vorzeitige Hautalterung. Im Vordergrund des Lichtschutzes steht ein vernünftiges Verhalten an sonnenreichen Tagen, wie beispielsweise das Vermeiden von direkter oder indirekter UV-Exposition sowie textiler Lichtschutz. Unerlässlich ist auch die tägliche Applikation von Lichtschutzpräparaten mit einem mittleren Lichtschutzfaktor an lichtexponierten Arealen.

Wie wird es mit dem Sonnenschutz im Sport gehandhabt? Unter jugendlichen Skateboarderinnen und Skatboardern in Spanien beispielsweise tragen ca. 66 Prozent Kleidung mit langen Ärmeln. Lediglich jede / jeder Fünfte trägt zusätzlichen Sonnenschutz auf, während immerhin 33 Prozent der Befragten angaben, Sonnencreme aufzutragen, wenn sie zum Strand gehen [Fernandez-Morano T, de Troya-Martin M, Rivas-Ruiz F, et al. Sun exposure habits and sun protection practices of skaters. J Cancer Educ. 2017;32(4):734–739]. Unter olympischen Seglerinnen und Seglern im Alter von 16 bis 30 Jahren war Sonnencreme der am häufigsten angewandte Sonnenschutz, allerdings gaben 22,5 Prozent an, diese niemals zu benutzen [De Castro-Maque- da G, Gutierrez-Manzanedo JV, Ponce- Gonzalez JG, Fernandez-Santos JR, Linares-Barrios M, De Troya-Martin M. Sun protection habits and sunburn in elite aquatics athletes: surfers, windsur- fers and Olympic sailors. J Cancer Educ. 2020;35(2):312–320].

Die angegebenen Gründe, warum kein Sonnenschutz praktiziert wird, beinhalten unter anderem Vergesslichkeit, ein schmieriges Gefühl auf der Haut, Brennen in den Augen, Hautunreinheiten und ein erhöhter Zeitaufwand. Allerdings wurde auch ei- ne Leistungsreduktion durch zum Beispiel rutschige Hände und einengende oder unbequeme Kleidung genannt [Parrott R, Duggan A, Cremo J, Eckles A, Jones K, Steiner C. Communicating about youth’s sun exposure risk to soccer coaches and parents: a pilot study in Georgia. Health Educ Behav. 1999;26(3):385–395].

UV-Strahlung

Die schädigende ultraviolette Strahlung besteht vorwiegend aus den bekannten UVA- und UVB-Strahlen. Während das mittelwellige UVB-Strahlenspektrum (280– 320 nm) als Sonnenbrandspektrum gilt und durch normales Fensterglas gefiltert wird, wird das langwellige UVA-Spektrum (320-400 nm) als Hautalterungsspektrum bezeichnet. Seine Strahlen führen zu Schäden bis in die Dermis und durchdringen sogar Fensterglas. Beide werden für die Hautkrebsentstehung verantwortlich gemacht. Jedoch stellt UVA mit mehr als 95 Prozent den Hauptanteil des UV-Lichtes der Sonne dar, ist aber 800 bis 1000-fach weniger erythematogen als UVB.

Schweiß verstärkt die schädigende Wirkung der Sonne. Durch die vom Körper ausgeschiedene Flüssigkeit kommt es zu einer Verschiebung der absorbierten Wellenlänge und zu einer verminderten Reflektion der UV-Strahlen [Moehrle M, Koehle W, Dietz K, Lischka G. Reduction of minimal erythema dose by sweating. Photodermatol Photoimmunol Photomed. 2000;16(6):260–262].

UV-Filter sind längst nicht mehr nur in aus- gewiesenen Sonnenschutzmitteln enthalten, sondern werden vermehrt in zahlreichen, für den täglichen Bedarf konzipierten, kosmetischen Produkten angeboten (Tagespflege mit Lichtschutzfaktor). Auf diese Produkte sollte man zurückgreifen, denn die Empfehlung, im Schatten zu bleiben und/oder die Haut konsequent mit Textilien zu schützen, hat in der Praxis wenig Chance auf Befolgung, insbesondere im Leistungssport.

Besonders begrüßenswert ist, dass gerade in den letzten Jahren im Bereich der UV-Filter-Entwicklung enorme technologische Fortschritte gemacht wurden. Diese erlauben es, die Haut in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß gegen unerwünschte UVB- und UVA-Strahlung zu schützen.

Zu unterscheiden ist zwischen chemischen und physikalischen UV-Filtern. Physikalische Filter enthalten sehr feine, mikropulverisierte Partikel, die die UV- Strahlung reflektieren, streuen und absorbieren. Es sind fast beliebig hohe Schutzwerte über einen breiten Wellenlängenbereich möglich. Physikalische Filter gelten als gut verträglich, da sie praktisch inert sind und die Bildung reaktiver freier Radikale verhindern. Auch sind sie kaum allergen oder fotosensibilisierend. Da die meisten physikalischen UV-Filter „weißeln“, ist jedoch die kosmetische Akzeptanz eingeschränkt. Die liposomale Verkapselung der Pigmente in modernen Präparaten ermöglicht eine wesentliche Abschwächung dieses Effektes (z. B. Daylong Präparate).

Chemische Filter dagegen schützen durch die Absorption von UV-Strahlung eines bestimmten Wellenlängenbereichs. Die energiereiche Strahlung wird in der Epidermis absorbiert und in Form von Wärme abgegeben, wodurch ein Teil der Nebenwirkungen wie Kontakt- oder Fotoallergien begünstigt werden. Der Lichtschutzfaktor ist begrenzt, die Filter sind zum Teil nicht fotostabil. Die kosmetischen

Eigenschaften sind allerdings gut. Auf der anderen Seite muss jedoch heute fest davon ausgegangen werden, dass der durch UV-Filter hervorgerufene Schutz nicht 100 Prozent beträgt.

Daher werden die Sonnenschutzpräparate heute häufig mit Substanzen kombiniert, die protektiv wirken, indem sie in sekundäre, UV-induzierte Signalprozesse eingreifen: ein Paradebeispiel sind die Gruppe der Antioxidantien wie Vitamin E oder C, Flavinoide und Gallate. Gerade Leistungssportlerinnen und -sportler haben hohe Ansprüche an Sonnenschutzpräparate. Sie sollen sich möglichst gut auf der Haut verteilen lassen, lange halten und wasser- und schwitzfest sein.

Moderne Sonnenschutzpräparate gewährleisten dies. Bei Produkten mit der Netlock-Technology werden beispielsweise UV-Filter zu einem stabilen Netzwerk verknüpft, wodurch sich ein homogener, transparenter, nicht fettender Schutzfilm bildet.

Fazit

Den größten Risikofaktor für die Entwicklung einer aktinischen Keratose, eines Basalzellkarzinoms, eines Plattenepithelkarzinoms sowie die vorzeitige Hautalterung stellt die Schädigung der Haut durch die Sonnenexposition dar. Insbesondere Leistungssportlerinnen und -sportler sind besonders gefährdet, da die Trainingszeiten unter freiem Himmel lange andauern, die Mittagssonne nicht gemieden wird und auch der textile Sonnenschutz durch sportartspezifische Bekleidung eingeschränkt ist. Zudem kommt, dass viele Sportlerinnen und Sportler keinen aktiven Sonnenschutz betreiben. Der helle Hautkrebs hat zwar grundsätzlich eine günstige Prognose, wenn frühzeitig erkannt und behandelt, kann jedoch die Lebensqualität einschränken und in einzelnen Fällen letal enden. Eine wichtige Vorsorgemaßnahme ist daher neben geeigneten Sonnenschutzmaßnahmen eine regelmäßige Hautkrebsvorsorge.

Dr. med. Claudia Jäger
Praxis für Dermatologie ATOS Klinik Heidelberg info-derma@atos.de

Tipps für adäquaten Sonnenschutz beim Sport

  • Achten Sie auf Wasserresistenz.
  • Wenden Sie regelmäßig Sonnencreme an, die mindestens LSF 30 enthält
  • Der UVA-Schutz sollte mind. 1/3 des ausgewiesenen Lichtschutzfaktors betragen.
  • Verwenden Sie nicht fettende Sonnencreme.
  • Am geeignetsten sind Produkte mit einem geringen Anteil chemischer Filter und einem hohen Anteil physikalischer Filter.
  • Optimal ist das Auftragen des Sonnenschutzes 30 Minuten vor Sportbeginn.
  • Besonders effektiv ist der textile Sonnenschutz: Tragen Sie einen Hut oder eine Kappe.
  • Meiden Sie die Mittagszeit zwischen 11 und 15 Uhr, hier ist die Sonne am intensivsten.
  • Essen Sie gesund: Radikalfänger Vitamine (insbesondere Vitamin C und E), Karotinoide, Flavonoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren wirken als photoprotektive Nahrungsmittel.
  • Versäumen Sie ab dem 35. Lebensjahr nicht die jährliche Hautkrebsvorsorge.