Mai 2021 – Ausgabe 37

Die operative Behandlung der schnappenden Hüfte

Schmitt

Prof. Dr. med. Holger Schmitt
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Keywords: Coxa saltans interna, Coxa saltans externa, Tractus iliotibialis, Z­Plastik, Traktopexie

Eine schnappende Hüfte kann intra­- oder extraartikuläre Ursachen haben, wobei letztere deutlich häufiger zu finden sind. Ausgeprägte Beschwerden einer Coxa saltans externa, bei der der Tractus iliotibialis am Trochanter maior überspringt, können bei 30 bis 60 % der Betroffenen durch konser­vative Maßnahmen gebessert werden. Gelingt dies nicht, stehen mehrere operative Verfahren zur Verfügung, um die Spannung des Tractus iliotibialis zu reduzieren.

Die schnappende Hüfte ist ein hörbares und/oder spürbares Schnappen während der Bewegung des Hüftgelenkes mit oder ohne Schmerzereignis. In der All­gemeinbevölkerung wird das Auftreten von Schnappphänomenen am Hüftgelenk in 5–10 % festgestellt, wobei Tänzer, Fußballspieler, Gewichtheber und Läufer gehäuft betroffen sind.

Grundsätzlich unterteilt man die Ursachen einer schnappenden Hüfte in zwei Kate­gorien: intraartikuläre oder extraartikuläre. Intraartikuläre Ursachen werden häufig bei instabilen Labrumanteilen beobachtet, teilweise auch durch freie Gelenkkörper in den Hüftgelenken. Weitaus häufiger verursachen jedoch extraartikuläre Weich-teilstrukturen (meistens Sehnen) das Schnappphänomen um das Hüftgelenk herum.

Die Coxa saltans interna mit einem Schnappphänomen im Bereich der Leiste wird von der überspringenden Psoasseh­ne verursacht. Die Coxa saltans externa wird durch den schnappenden Tractus iliotibialis im Bereich des Trochanter maior verursacht. Stabilisiert wird der Tractus iliotibialis im Wesentlichen von zwei Mus­keln, dem M. gluteus maximus und den M. tensor fasciae latae. Bei Hüftbewe­gungen aus der Streckung in die Beugung kann es zu Klick­- oder Schnappphäno­menen kommen, verursacht durch den überspringenden Tractus iliotibialis am Trochanter maior. In vielen Fällen ist die­ses Phänomen, das bei Frauen fünfmal häufiger als bei Männern auftritt, beidsei­tig anzutreffen. Insbesondere bei jungen Frauen, bei denen eine sehr gute Bewe­gungsfähigkeit der Hüftgelenke vorhan­den ist, kommt es zu diesem Phänomen.

In seltenen Fällen kann eine schnappen­de Hüfte auch nach einem Unfallereignis auftreten. Zwischen Tractus iliotibialis und Trochanter maior ist ein Schleimbeu­tel lokalisiert, der infolge eines Anprall­traumas durch Schwellung an Volumen zunehmen kann, eine chronische Entzün­dung entwickeln kann und schließlich ein mechanisches Platzproblem hervor­ruft. Häufig wird bei lang dauernder Be­schwerdesymptomatik eine Verdickung des Tractus iliotibialis beobachtet, welche das Schnappphänomen verstärkt.

Diagnostik

Bei der körperlichen Untersuchung kann meistens ein Schnappphänomen durch kombinierte Innenrotation und zunehmen­de Beugung provoziert werden. Die Pati­enten können es häufig selber durch Anspannen der Muskulatur vorführen. So­nografisch kann eine geschwollene Bursa dargestellt werden, teilweise sind auch kleine knöcherne Ausziehungen am gro­ßen Rollhügel zu erkennen, die zusätzlich zu einem mechanischen Hindernis wer­den können. Auch eine Verdickung des Tractus iliotibialis lässt sich sonografisch gut dargestellen. Röntgenologisch finden sich in manchen Fällen Zeichen für einen Knochenanbau im Bereich des Trochan­ter maior. Insbesondere bei schlanken Menschen kann ein prominenter Troch­anter maior zu derartigen Beschwerden führen. Diagnostisches Mittel der Wahl ist eine Kernspintomografie, bei der entzündliche Veränderungen sowohl im Knochen als auch an den Weichteilen gut dargestellt werden können. Beglei­tende Ödeme als Zeichen eines chro­nischen Reizzustandes können ebenfalls dargestellt werden. Bei unklaren Zu­- ständen kann eine lokale Injektion mit Lo­kalanästhetikum zu Hilfe genommen werden. Sollte sich das Schmerzereignis durch Infiltration reduzieren lassen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der springende Tractus hierfür verantwortlich gemacht werden kann.

Therapie

In vielen Fällen führen konservative Thera­piemaßnahmen zu einer Beschwerdelin­derung. Insbesondere wenn die Schnapp­phänomene selten auftreten und nicht mit Schmerzen verbunden sind, können physiotherapeutische Maßnahmen das Problem beheben. Neben Dehnungs­maßnahmen des Tractus iliotibialis wer­den auch Ultraschallanwendungen, lokale Infiltrationen mit Kortikoiden, tiefe Massagen, Wärmebehandlung und elek-­ trotherapeutische Verfahren eingesetzt.

Nach Studienlage können bei ausgepräg­ten Befunden in 36–60 % der Fälle kon­servative Therapiemaßnahmen zu einer deutlichen Beschwerdelinderung führen.

Ist dies nicht der Fall, kann durch eine operative Intervention die Spannung des Tractus iliotibialis reduziert werden. Ver­schiedene operative Ansätze existieren, um das Problem zu beheben. Neben Verlängerungsoperationen wie der Z­-Plas­tik des Tractus iliotibialis finden sich auch Stabilisierungsoperationen wie die Trakto­pexie, bei der der Tractus oberhalb und unterhalb des Trochanter maior befestigt wird. Neben der Z­Plastik existieren auch weitere Verlängerungsmöglichkeiten, bei denen die Kontinuität des Tractus ilioti­ bialis erhalten bleibt. Neben offenen Ope­rationstechniken wurden in den letzten Jahren auch minimalinvasive Techniken entwickelt, die unter Zuhilfenahme eines Arthroskopes durchgeführt werden.

Sowohl bei Verlängerungsoperation als auch im Falle der Fixierung des Tractus oberhalb und unterhalb des Trochanter maior kommt es vorübergehend zu einer Schwächung der anhängenden Muskula­tur (M. tensor fasciae latae und M. gluteus maximus). Die Muskelschwäche kann in den ersten 6 bis 8 Wochen nach Opera­tion zu einem hinkenden Gangbild führen. Das Schnappphänomen ist jedoch in mehr als 90 % der Fälle nicht mehr vor­handen.

Nachbehandlung

Postoperativ wird häufig ein deutlicher Bluterguss festgestellt. Die Patienten soll­ten über 14 Tage unter Zuhilfenahme von Unterarmgehstützen teilbelasten. Physio­therapeutische Maßnahmen mit ma­nueller Lymphdrainage und krankengym­nastische Übungsbehandlung werden postoperativ eingesetzt, um möglichst frühzeitig eine Muskelaktivierung zu erzie­len. Sportliche Belastungen sind meist erst nach 3 bis 4 Monaten wieder möglich.