Oktober 2020 – Ausgabe 36

Die Arthrose der Mittelfußgelenke: Therapieoptionen

Dr. med. Sebastian Müller
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Keywords: Mittelfußarthrose, Tarsometatarsalgelenke, Arthrodese

Aufgrund der pathoanatomischen Verhältnisse kommen bei Arthrose der Mittelfußgelenke nur versteifende Maßnahmen infrage. Die postoperativen Ergebnisse dabei sind in über 90 % erfolgreich, sofern eine Fusion erreicht wird. Neben der Patientenselektion sind auch die technische Durchführung der Operation mit einer sorgfältigen Enknorpelung sowie die Verwendung von autologer Spongiosa und winkelstabiler Osteosynthesen für das Outcome der Patienten essenziell.

Die Arthrose des Mittelfußes ist häufig für chronische Schmerzen sowie für eine erhebliche Einschränkung der Lebens­qualität verantwortlich. Die häufigste Ur­sache ist neben der posttraumatischen Arthrose auch eine primäre Osteoarthro­pathie.

Bevor jedoch Therapieversuche gestartet werden, sollten entzündlich rheumatische sowie neuropathische Erkrankungen un­bedingt ausgeschlossen werden. Lokale Infiltrationen mit Kortikosteroiden sowie Lokalanästhetika sollten lediglich dia­gnostischen Zwecken dienen, um die chi­rurgische Behandlung zielgerecht zu gestalten.

Anatomie

Zum Mittelfuß gehören zahlreiche Gelen­ke zwischen Vorfuß und Rückfuß. Zu den Mittelfußgelenken zählen insbeson­dere die Tarsometatarsalgelenke sowie die Naviculocuneiformgelenke. Die weiter proximal gelegenen Talonavicular­ sowie Calcaneocuboidgelenke werden zum Rück­fuß sowie zum Subtalargelenk gezählt.

Die Tarsometatarsalgelenke werden in drei Bereiche eingeteilt:

  • die mediale Säule mit dem 1. TMT­Gelenk
  • die mediale Säule mit dem 2. und 3. TMT­Gelenk
  • sowie die laterale Säule mit dem 4. und 5. TMT­Gelenk bzw. Metatarsocuboidgelenk.

Zwischen den einzelnen Fußwurzelkno­chen bestehen starke ligamentäre Ver­bindungen, ausgenommen zwischen dem 1. und 2. Metatarsaleknochen. Biomechanisch stellen die Mittelfußknochen die Verbindung zwischen Rück­- und Vor­fuß dar und sind im Vergleich zu den an­deren Gelenken deutlich weniger mobil. Die medialen Tarsometatarsalgelenke tragen mit weniger als 7° zur Allgemeinbeweglichkeit in der Sagittalebene bei, die deutlich mobileren lateralen 4. und 5. TMT­Gelenke sichern Gleichgewicht und Adaptation des Fußes auf jeglichem Untergrund.

Während des Gangablaufes sichert die geringe Beweglichkeit der Mittelfußgelen­ke einen verlustfreien Transfer der Kraft der Wadenmuskulatur auf den Vorfuß. Die Verteilung der Belastung am stehenden Fuß verläuft zu 60,5 % über die Ferse, zu 7,8 % im Mittelfußbereich, zu 28,1 % im Vorfußbereich sowie zu 3,6 % über die Zehen (Cavanagh et al. Foot Ankle).

In einer Kadaverstudie von Larkin et al. (JBJS Am) konnte gezeigt werden, dass das 2. und 3. TMT­Gelenk in nahezu allen Positionen des Fußes im Vergleich zum 1. sowie dem 4. und 5. TMT­Gelenk die meiste Kraft übertragen. Die höchsten Belastungen traten insbesondere bei Plantarflexion auf. Diese Tatsachen könn­ten eine Erklärung liefern, warum das 2. und 3. TMT­Gelenk am häufigsten von Arthrose betroffen sind, auch bei fehlen­ der Verletzung.

Die häufigsten Ursachen für das Ent­stehen der Mittelfußarthrose sind:

  • degenerativ
  •  posttraumatisch
  • entzündlich/rheumatisch
  • neuropathisch
  • Anschlussarthrosen nach vorangegan­gener Arthrodese im Rückfuß.

Diagnostik

Die sorgfältige Anamnese, insbesondere in Hinblick auf vorangegangene Verletzun­gen, ist essenziell. Zusätzlich sollte nach klinischen Zeichen einer rheumatisch­ent­zündlichen Erkrankung gefragt werden.

Typischerweise berichten die Patienten über Schmerzen beim Gehen auf unebenem Untergrund sowie über mor­gendliche Anlaufschmerzen. Eine sorg­fältige Untersuchung kann zudem Auf­schluss über neurologische Defizite oder Sensibilitätsstörungen erbringen. Klinisch lässt sich dann auch das Punctum maxi­mum des Schmerzes lokalisieren und für weitere apparative Diagnostik einsetzen.

Radiologische Diagnostik

Röntgenaufnahmen a. p. und seitlich in stehender Position sowie schräge Fußauf­nahmen sind die Standarduntersuchun­gen zur Diagnostik. Je nach Lokalisation oder Ausprägung der arthrotischen Verän­derungen können insbesondere bei der präoperativen Planung CT­Aufnahmen mit 3D­Rekonstruktion hilfreich sein. Auch MRT­Aufnahmen können das Ausmaß der Gelenkveränderungen sowie entzünd­licher Komponenten, insbesondere in be­nachbarten Abschnitten, aufdecken.

Therapie: Konservative Behandlung

Die initiale Behandlung der Mittelfußarthro­se sollte stets konservativ sein. Diese Therapie beinhaltet die Gabe entzündungs­hemmender Medikamente, die Anpas­sung von Hilfsmitteln wie Einlagen oder Schuhzurichtungen sowie lokale Infiltra­tionen. Leichte bis mittlere Symptome zeigen ein sehr gutes Ansprechen auf Schmerzmedikation sowie NSAR. In einer Meta­Analyse von Da Costa et al. (Lancet, 2017) konnte die Wirksamkeit in mehr als 74 randomisierten Studien nachgewiesen werden. Am effektivsten ist Diclofenac in einer Tagesdosis von 150 mg, gefolgt von Ibuprofen, Naproxen sowie COX­2­ Hemmern.

Die Studien bezogen sich hauptsächlich auf Arthrosen im Bereich des Knie-­ und Hüftgelenks, die klinische Erfahrung bestätigt diese Ergebnisse auch bei Arthrosen im Fußbereich.

Einlagenversorgung sowie Schuhzurich­tungen spielen ebenfalls eine große Rolle in der konservativen Therapie der Mittelfußarthrose. Insbesondere semi­ rigide, langsohlige Einlagen oder Schuh­zurichtungen zeigen eine deutliche Symptomverbesserung innerhalb von drei Monaten (Halstead et al., Clin Rheum, 2016).

Intraartikuläre Injektionen mit Kortikoste­roiden oder Lokalanästhetika haben meist einen kurzfristigen Effekt und soll­ten lediglich diagnostischen Zwecken dienen. Der schmerzstillende Effekt ist oft nur von kurzer Dauer, die Infiltration der kleinen Gelenke ist aufgrund der ana­tomischen Verhältnisse sowie der dege­nerativen Veränderung erschwert.

Therapie: Operative Behandlung

Die Indikationsstellung zur operativen Versorgung erfolgt meistens nach Ausschöpfung sämtlicher konservativer Therapiemaßnahmen. Für die Entschei­dung spielen die Beschwerden der Patienten im Alltag die Hauptrolle:

Wie stark sind die Schmerzen? Gibt es osteophytäre Ausziehungen, die die Schuhversorgung einschränken?

Die operative Versteifung kann aufgrund der zahlreichen Gelenke eine Herausfor­derung darstellen. Neben der Auswahl der geeigneten Implantate ist häufig auch eine ausgedehnte Spongiosaplastik erfor­derlich, um das Risiko einer Pseudarthro­se zu vermindern. Außer der zerstörten Gelenkfläche muss häufig auch skleroti­scher Knochen entfernt werden, wodurch zum Teil größere Lücken entstehen, die bestenfalls mit autologer Spongiosa oder kortikospongiösen Spänen aufgefüllt werden sollten.

Die Wahl der Implantate ist ebenso wich­tig, um das Risiko von Pseudarthrosen zu verringern. Neben K­Drähten, Schrauben und Klammern ist zwischenzeitlich eine Vielzahl anatomisch vorgeformter winkel­stabiler Platten verfügbar, die eine rigide Fixation sicherstellen.

Die Komplikationsraten nach Arthrodesen im Mittelfußbereich variieren je nach Lokalisation des Gelenkes. Insbesondere die lateralen TMT 4 und 5 sind aufgrund ihrer Beweglichkeit deutlich häufiger von Pseudarthrosen betroffen als die media­len TMT 1–3. Die Häufigkeit beträgt zwi­schen 3–8 % (Bibbo et al., Clin Orthop Related Res, 2001). Die allgemeinen Kom­plikationsraten wie Infekt (3 %), Nerven­verletzung (9 %) und Implantatversagen (9 %) liegen etwas höher als bei anderen Arthrodesen. Auch die Entwicklung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) sowie Stressfrakturen im Bereich der Metatarsaleknochen gehören zu den aufklärungs-pflichtigen Komplikationen, wenn auch deutlich seltener.

Arthrodese der medialen und mittleren Säule (TMT 1-3)

Für die erforderliche Kraftübertragung vom Rückfuß auf den Vorfuß ist eine stabile mediale und mittlere Säule essen­ziell. Sollten die arthrotischen Verände­rungen im Bereich des TMT 1–3 zu finden sein, so ist es erforderlich, sowohl diese Gelenke als auch die intercuneiformen Gelenke zu stabilisieren (Abb. 1 und 2). Sollten sich in diesem Bereich relevante Achsabweichungen wie z. B. ein Midfoot­break finden, müssen diese unbedingt mitkorrigiert werden. Die Hautinzisionen werden längsförmig zwischen dem 1. und 2. Strahl sowie über dem 4. Strahl durch­ geführt, um eine ausreichende Weichteilbrücke zwischen den Inzisionen zu si­chern. Es sollte eine möglichst anato­mische Rekonstruktion der TMT­Arthro­dese angestrebt werden, da die Patien­tenzufriedenheit – neben der knöchernen Durchbauung – in einem hohen Maß da­ von abhängig ist (Sangeorzan et al., Foot Ankle, 1990). Wie bereits erwähnt, ist auf eine ausreichend stabile Osteosynthese zu achten (Abb. 3).

Arthrodese der lateralen Säule (TMT 4-5)

Die Arthrodese der lateralen Säule ist im Gegensatz zur medialen und mittleren viel kritischer zu betrachten. Aufgrund der wesentlich größeren Beweglichkeit im Metatarsocuboidgelenk kann eine Arthro­dese zu einem chronischen lateralen Fuß-schmerz führen. Auch die Pseudar­throsenrate ist nach Fusion dieser Gelen­ke höher, und falls es zu einer Fusion kommt, ist das Risiko einer Stressfraktur erhöht (Komeda et al., JBJS Am, 1996). Patienten mit einem Kollaps der lateralen Fußsäule profitieren allerdings von einer Arthrodese in diesem Bereich. Auch bei ausgeprägten Arthrosen in diesem Bereich sollte ein Gelenkerhalt favorisiert werden.

Fazit

Die Arthrose der Mittelfußgelenke kann erhebliche Einschränkungen der Lebens­qualität verursachen. Nichtoperative Maßnahmen sind limitiert, NSAR, Einlagenversorgung mit langsohliger Rigidus­feder sowie Schuhzurichtungen sind hierfür mögliche Optionen.

Operative Maßnahmen führen bei sorg­fältiger Planung und korrekter techni­scher Ausführung inkl. Spongiosaplastik zu einem deutlich verbesserten Outcome, wenn auch die Komplikationsraten im Vergleich zu anderen Arthrodesen erhöht sind.