Oktober 2023 – Ausgabe 42

Depressionen und Ängste bei (ehemaligen) Leistungssportlerinnen und -sportlern

Brünsing

Dr. med. Jan Brünsing
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Schlüsselwörter: Depression, Angsterkrankung, Pharmakotherapie, Psychotherapie

Die Entstehung von Depressionen und Angsterkrankungen ist ein komplexes Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren, die sowohl biologischer als auch psychologischer Natur sein können. Es gibt keine einzelne Ursache, die für alle Menschen gleichermaßen verantwortlich ist, sondern vielmehr eine Vielzahl von Einflüssen, die das Risiko für diese psychischen Erkrankungen erhöhen können. Einer dieser Faktoren kann der hohe Druck sein, der auf Leistungssportlerinnen und -sportlern lastet und zu erhöhten Raten an Depressionen und Angststörungen beiträgt.

Zwar finden wir in unserer Praxis bei der Anamnese einzelner Patienten und Patientinnen oft bestimmte Ereignisse oder Bedingungen, die möglicherweise ein individueller Auslöser der Erkrankung sein können – umgekehrt führen dieselben Bedingungen oder „Life Events“ bei anderen Menschen nicht zu einer Erkrankung.

Auf biologischer Ebene spielen genetische Veranlagungen eine Rolle. Das Risiko, an Depressionen oder Angsterkrankungen zu erkranken, ist bei Menschen mit einer familiären Vorbelastung höher (5). Es scheint eine genetische Veranlagung für die Entwicklung dieser Erkrankungen zu geben, die jedoch nicht alleinig für ihr Auftreten verantwortlich ist. Vielmehr interagieren genetische Faktoren mit Umwelt- und Lebensereignissen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Genese von Depressionen und Angsterkrankungen ist das Ungleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn. Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulation der Stimmung und der emotionalen Reaktion des Menschen. Wenn das Gleichgewicht dieser Botenstoffe gestört ist, kann dies zu psychischen Erkrankungen führen. Antidepressiva und Anxiolytika, die zur Behandlung von Depressionen und Angsterkrankungen eingesetzt werden, zielen darauf ab, das Gleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn wiederherzustellen. Allerdings ist der genaue Wirkmechanismus vieler sehr wirksamer Substanzen nach wie vor nicht vollständig erklärt.

Neben den biologischen Faktoren tragen auch psychologische und soziale Einflüsse zur Genese von Depressionen und Angsterkrankungen bei. Belastende Lebensereignisse wie der Verlust eines geliebten Menschen, finanzielle Probleme, Beziehungsprobleme oder traumatische Erfahrungen können das Risiko für das Auftreten dieser Erkrankungen erhöhen. Auch Persönlichkeitsmerkmale wie eine negative Denkweise, ein geringes Selbstwertgefühl oder mangelnde Bewältigungsstrategien beeinflussen das individuelle Risiko.

Biologische, psychologische und soziale Faktoren interagieren dabei auf komplexe Weise. Ein umfassendes Verständnis dieser Faktoren ist entscheidend, um die Erkrankung zu verstehen, zu erkennen und Hilfe anbieten zu können.

Depressionen und Angsterkrankungen im Leistungssport

Die Welt des Leistungssports wird oft als glamourös und aufregend wahrgenommen. Doch hinter den Kulissen kämpfen viele Profi- und Leistungssportlerinnen und -sportler mit einer unsichtbaren Herausforderung: Depressionen und Angsterkrankungen. Der immense Druck, ständige Erwartungen (auch an sich selber) zu erfüllen, der Wettbewerbsstress und die hohen Anforderungen an die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit können eine erhebliche Belastung darstellen und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen.

Studien zeigen, dass Depressionen und Angststörungen unter Profi- und Leistungssportlerinnen und -sportlern häufiger auftreten als in der allgemeinen Bevölkerung. Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse von Brand (4) ergab, dass etwa 26 Prozent der Leistungssportlerinnen und -sportler im Laufe ihrer Karriere eine depressive Episode durchmachen. Zusätzlich berichteten etwa 19 Prozent der Athletinnen und Athleten über Symptome einer Angststörung. Diese Zahlen sind erstaunlich hoch und verdeutlichen, dass diese psychischen Erkrankungen ein ernsthaftes Problem im Sportbereich darstellen.

Verschiedene Faktoren können zu Depressionen und Angststörungen bei Profi- und Leistungssportlerinnen und -sportlern beitragen: Der immense Druck, ständig Spitzenleistungen zu erbringen, kann zu Überlastung und Erschöpfung führen. Verletzungen, Rückschläge, der Umgang mit Misserfolgen und die Angst vor dem Versagen können die psychische Gesundheit zusätzlich belasten. Ein unregelmäßiger Lebensstil, Schlafmangel, strenge Ernährungsvorschriften und die Trennung von Familie und sozialem Umfeld während intensiver Trainings- und Wettkampfphasen können ebenfalls zu einem erhöhten Risiko für Depressionen und Angststörungen beitragen. Leistungssport bedeutet oft auch, auf natürliche Coping-Faktoren (Freizeit, „me time“, Freunde und Familie) zumindest phasenweise verzichten zu müssen.

Ende der Karriere als Risikophase

In unserer täglichen Praxis beobachten wir die Besonderheiten bei den Leistungs- und Profisportlerinnen und -sportlern recht eindrucksvoll: Sehr plakativ lässt sich die Besonderheit des „Life Events“ Karriereende gut mit anderen Menschen vergleichen. Profisportlerinnen und -sportler können im Gegensatz zu manch anderen Berufstätigen nicht „langsam“ in den Ruhestand wechseln. Ein Anwalt kann seine Kanzlei „langsam verkaufen“, immer weniger Fälle übernehmen und im Ruhestand noch einige Gutachten verfassen oder wenige ausge- wählte Mandanten weiter betreuen. Ein Profifußballer kann nicht nur noch montags und dienstags zum Training kommen und dann noch erwarten, bei einigen „netten“ Ligaspielen zum Einsatz zu kommen. Mit der Beendigung der Karriere verlieren Profisportlerinnen und -sportler auf einen Schlag ihren Job, ihre Tagesstruktur und oftmals ihr fast komplettes soziales Umfeld. Schnell schwinden auch das öffentliche Ansehen und die Bekanntheit. Ohne ausreichende Coping-Strategien kann dann die seelische Gesundheit schnelle und dramatische Schäden nehmen.

Bei älteren ehemaligen Leistungssportlerinnen und -sportlern finden wir zudem oftmals auch die Folgen des Arzneimitteldopings. Häufig sind Störungen der männlichen und weiblichen Sexualhormonachsen, die endokrinologisch betreut werden müssen. Aber auch die Psyche sollte dann genau anamnestiziert werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass Depressionen und Angststörungen bei Sportlerinnen und Sportlern nicht auf eine persönliche Schwäche oder mangelnden Willen zurückzuführen sind. Die Psychoedukation sollte prinzipiell schon bei den ersten Kontakten ein vertrauensvolles Behandler-Patienten-Verhältnis schaffen. Oft gelingt eine vollständige Anamnese erst dann, wenn die Betroffenen eine Krankheitseinsicht gewonnen haben und die oft vorhandene „Selbststigmatisierung“ abgelegt haben.

Depressionen bei älteren Menschen

Depressionen bei älteren Menschen sind ebenfalls ein ernstes Problem, das oft übersehen oder falsch interpretiert wird. Der Rückgang der körperlichen Gesundheit, das Gefühl von Einsamkeit und Verlust, der Verlust an Unabhängigkeit und die Anpassung an den Ruhestand können zu einer erhöhten Anfälligkeit für De- pressionen führen. Für ehemalige Leistungssportlerinnen und -sportler können diese Faktoren besonders belastend sein. Laut einer Studie von Blazer (1) leiden etwa 15 bis 20 Prozent der älteren Menschen in der Gemeinschaft an depressiven Symptomen, während in Pflegeheimen sogar eine noch höhere Prävalenz festgestellt wurde.

Ähnlich wie bei Depressionen sind auch Angststörungen bei älteren Menschen häufig. Ängste können sich in verschiedenen Formen zeigen, wie z. B. als generalisierte Angststörungen, Panikstörungen, soziale Phobien und posttraumatische Belastungsstörungen. Eine Studie von Lenze et al. (2) ergab, dass Angststörungen bei etwa 10 bis 20 Prozent der älteren Bevölkerung auftreten. Obwohl psychische Leiden im Alter häufig vorkommen, werden sie oft übersehen oder falsch diagnostiziert, da die Symptome häufig mit anderen altersbedingten Veränderungen verwechselt werden. Auch eine Bagatellisierung durch HealthCare-Professionals muss unterbleiben, es ist keineswegs normal, dass man als alternder Mensch „oft schlecht schläft“ oder „öfter schlecht gelaunt ist“.

Die Auswirkungen von Depressionen und Angststörungen auf ältere Menschen können schwerwiegend sein. Sie können die Lebensqualität beeinträchtigen, soziale Isolation und Einsamkeit verstärken und das Risiko für körperliche Erkrankungen erhöhen. Depressionen und Angststörungen können auch mit einem erhöhten Suizidrisiko einhergehen. Die Behandlung von Depressionen und Angststörungen bei älteren Menschen kann eine Herausforderung darstellen, da sie oft mit anderen gesundheitlichen Problemen verbunden sind. Eine ganzheitliche Herangehensweise ist wichtig, die medizinische, psychotherapeutische und soziale Interventionen umfasst. Eine Kombination aus antidepressiven Medikamenten und Psychotherapie hat sich als effektiv erwiesen (3).

Darüber hinaus spielen soziale Unterstützung und Aktivitäten eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von Depressionen und Angststörungen auch bei älteren Menschen. Ältere sollten ermutigt werden, über ihre psychische Gesundheit zu sprechen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn sie Symptome von Depressionen oder Angststörungen bemerken.

Leitliniengerechte Therapie bei Depressionen und Angststörungen

Die Behandlung von Depressionen und Angststörungen bei (ehemaligen) Sportlerinnen und Sportlern erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise. Neben medizinischer Behandlung, einschließlich Psychotherapie und möglicherweise Medikamenten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Sporttrainern, Psychologen und medizinischem Fachpersonal entscheidend. Ein unterstützendes Umfeld, das Aufklärung, Entlastung und den Abbau von Stigmatisierung bietet, ist ebenfalls von großer Bedeutung. Einige der Medikamente stehen, sollte eine Behandlung während der sportlichen Leistungsphase erforderlich werden, zudem auf der Dopingliste.

Für die frühere Erkennung (und dann auch Behandlung) ist entscheidend, dass Sportverbände, Trainings- bzw. Betreuungspersonal sowie die Athletinnen und Athleten selbst das Bewusstsein für die Bedeutung der psychischen Gesundheit im Sport stärken. Präventive Maßnahmen wie mentales Training, Stressmanagementtechniken, regelmäßige Ruhephasen und eine ausgewogene Lebensführung können dazu beitragen, das Risiko für psychische Erkrankungen zu verringern und das Wohlbefinden der Sportlerinnen und Sportler zu fördern.

Diagnose und Assessment

Der erste Schritt in der leitliniengerechten Behandlung von Depressionen und Angststörungen ist eine sorgfältige Diagnosestellung. Dabei werden psychiatrische Symptome und deren Schweregrad erfasst. Unterschiedliche Diagnosekriterien wie die ICD-10 oder DSM-5 können verwendet werden, um eine genaue Diagnose zu stellen. Ein ausführliches Anamnesegespräch, das Erheben der Krankheitsgeschichte und das Screening auf körperliche Ursachen sind essenziell (Abb. 1).

Abb. 1: Bestimmung des Schweregrads depressiver Episoden nach ICD-10-Kriterien

Darüber hinaus ist es wichtig, den individuellen Funktionsgrad des Patienten bzw. der Patientin zu erfassen, um den Verlauf der Erkrankung besser einschätzen zu können und die passende Behandlungsmethode auszuwählen. Der Einsatz standardisierter Fragebögen, wie beispielsweise der Hamilton-Depressions-Score oder das Beck-Depressions-Inventar, kann helfen, den Schweregrad der Erkrankung zu bestimmen und den Therapiefortschritt zu überwachen.

Es ist kein Tabu, einen betreffenden Menschen nach Suizidalität zu befragen. Oft können sich Patienten bzw. Patientinnen erst dann wirklich öffnen. Vermutlich gibt es in der Medizin kaum ein Gebiet, wo der HealthCare-Professional mit wenigen Fragen potenziell Leben retten kann.

Wichtig ist die internistisch-neurologische Differentialdiagnostik. Eine Schilddrüsen- Unterfunktion oder eine Störung der männlichen Sexualhormonachse können ähnliche Symptome aufweisen wie eine unipolare Depression, eine Hyperthyreose mit Unruhe und Schlafstörung zeigt ein ähnliches Bild wie eine agiert-unruhige depressive Person. Ein MRT des Schädels gehört – bei Vermeidung bei sich wiederholender Überdiagnostik auf der Suche nach „körperlichen Ursachen“ – einmalig zum Diagnostik-Komplex dazu.

„Die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie erzielt bei den meisten Patientinnen und Patienten die besten Erfolge.“

1. Psychotherapie

Psychotherapie ist eine der wichtigsten Säulen der Behandlung von Depressionen und Angststörungen. Es gibt verschiedene psychotherapeutische Ansätze, die in den Leitlinien empfohlen werden:

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT):

Die KVT ist eine evidenzbasierte Therapie, die bei Depressionen und Angststörungen wirksam ist. Sie zielt darauf ab, negative Gedankenmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern. Die KVT kann auch Techniken zur Stressbewältigung und Problemlösung einschließen.

Psychodynamische Psychotherapie:

Diese Therapieform geht davon aus, dass unbewusste Konflikte und Erfahrungen aus der Vergangenheit das Verhalten und die Emotionen beeinflussen. Durch das Erkennen und Bearbeiten dieser Konflikte sollen Symptome gelindert werden.

Interpersonelle Therapie (IPT):

Die IPT fokussiert sich auf zwischenmenschliche Beziehungen und Lebensereignisse, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression oder Angststörung beitragen könnten. Ziel ist es, die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten zu überwinden und eine bessere Anpassungsfähigkeit zu entwickeln.

2. Pharmakotherapie

Die medikamentöse Therapie ist eine weitere wichtige Behandlungsoption bei Depressionen und Angststörungen. Die Auswahl des Medikaments hängt von der Diagnose, dem Schweregrad und den individuellen Eigenschaften des Patienten bzw. der Patientin ab. Die folgenden Medikamentengruppen werden in den Leitlinien häufig empfohlen:

  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Diese Antidepressiva erhöhen den Serotoninspiegel im Gehirn, was sich positiv auf die Stimmung auswirken kann. Mit Sertralin oder Escitalopram sind auch Tropfen/Säfte erhältlich, die ein ganz behutsames Eindosieren ermöglichen.
  • Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI): SNRIs wirken ähnlich wie SSRI, beeinflussen jedoch zusätzlich den Noradrenalinspiegel.
  • Trizyklische Antidepressiva (TZA): Diese ältere Gruppe von Antidepressiva kommt auch bei der Behandlung von Depressionen zum Einsatz, hat aber ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil als die modernen Klassen. Vorteilhaft sind oft die milde Sedierung und die schlafanstoßende Wirkung zur Nacht.
  • Benzodiazepine und Z-Substanzen: Benzodiazepine (oder Zolpidem oder Zopiclon) werden vor allem zur kurzfristigen Behandlung von Angststörungen und Schlafstörungen verwendet. In unserer klinischen Praxis versuchen wir tatsächlich komplett ohne sie auszukommen, da das Abhängigkeitspotenzial enorm ist und neue Probleme entstehen können. Bei der Behandlung älterer Menschen muss auch an das deutlich erhöhte Sturzrisiko unter Sedativa gedacht werden.

3. Kombinierte Therapie

Die Kombination von Psychotherapie und Pharmakotherapie kann in vielen Fällen die besten Ergebnisse erzielen. Studien haben gezeigt, dass sich durch die Kombination von kognitiver Verhaltenstherapie mit Antidepressiva die Wirksamkeit beider Behandlungsansätze synergistisch verstärken kann. Die Abbildungen 2 und 3 zeigen die möglichen und am besten evaluierten Handlungsempfehlungen.

Abb. 2: Algorithmen zur Akutbehandlung einer depressiven Episode bei unipolarer Depression


Abb. 3

4. Weitere Therapieoptionen

Neben den bereits genannten Behandlungsmethoden gibt es noch weitere Therapieoptionen, die je nach individuellem Bedarf und Verfügbarkeit in Betracht gezogen werden können:

  • Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Die EKT wird vor allem bei schweren und therapieresistenten Depressionen angewendet. Dabei werden elektrische Impulse gezielt im Gehirn ausgelöst, was zu einer Verbesserung der Symptome führen kann.
  • Transkranielle Magnetstimulation (TMS): Die TMS ist eine nichtinvasive Methode, bei der mithilfe von Magnetfeldern gezielt Hirnregionen stimuliert werden, um Depressionssymptome zu reduzieren.
    Lichttherapie: Die Lichttherapie wird vor allem bei saisonal abhängiger Depression (Winterdepression) eingesetzt. Dabei wird der Patient bzw. die Patientin einer speziellen Lichtquelle ausgesetzt, um den Tageslichtmangel in dunklen Jahreszeiten auszugleichen. In unserer Praxis setzen wir diese Therapieform bei fast allen Patientinnen und Patienten ein. Die Verordnung, sich morgens regelmäßig mit einem schönen Tee oder Kaffee und einem guten Buch 30 Minuten vor eine (sehr preiswerte) Tageslichtlampe (min. 10.000 Lux) zu setzen, schafft nämlich zusätzlich Tagesstruktur, einen Moment der Selbstfürsorge und des Innehaltens.

Achtsamkeit und Meditation: Die Literatur ist über die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zwar nicht einig. Motiviert durch die großen Programme wie MBSR versuchen wir jedoch unseren Patientinnen und Patienten immer Wege aufzuzeigen, die auch abseits der Leitlinientherapie neue Optionen bieten.

5. Langzeitbehandlung und Rückfallprävention

Die Behandlung von Depressionen und Angststörungen sollte nicht nur auf die akute Phase beschränkt sein, sondern auch eine langfristige Begleitung und Unterstützung umfassen. Dies ist wichtig, um Rückfälle zu verhindern und die Stabilität der Patientinnen und Patienten langfristig zu gewährleisten. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Therapiesitzungen können dazu beitragen, das Risiko für Rückfälle zu minimieren. Die internistischen und hausärztlichen Praxen kommen gerade für die älteren Patientinnen und Patienten ins Spiel, denn hier haben ältere Herrschaften oft durch Komorbiditäten den meisten Kontakt mit dem Gesundheitswesen. Es ist sinnvoll, wenn die dortigen Behandelnden auch regelmäßig das psychische Befinden screenen. Das kann mit kurzen standardisierten Tests im Wartezimmer passieren (wir nutzen den PHQ-9 für Depressionen), bei einem guten und schon länger bestehenden Behandlungsverhältnis reicht auch oft die ernst gemeinte und achtsame Frage: „Wie geht es Ihnen denn?“ Schlafstörungen mit insbesondere Durchschlafstörungen und frühem Erwachen ab 3 bis 4 Uhr in der Nacht sind fast pathognomisch für psychische Belastungen und treten oft sogar noch vor den anderen eindrucksvolleren Major-Kriterien einer Depression auf. Fragen Sie Ihre Patientinnen und Patienten, wie gut und lange der Nachtschlaf ist und ob sich das Schlafverhalten scheinbar grundlos geändert hat.

Fazit

Die leitliniengerechte Therapie von Depressionen und Angststörungen basiert auf einer umfassenden Diagnose, individuell angepassten Behandlungsplänen und der Integration verschiedener therapeutischer Ansätze.

Im Bereich des Sports ist es essenziell, die Herausforderungen im Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen bei Profi- und Leistungssportlerinnen und -sportlern anzuerkennen. Wichtig ist die Aufklärung über diese Erkrankungen: Sportlerinnen und Sportler sollten wissen, dass sie ein erhöhtes Risiko für seelische Leiden tragen und sie sollten ein für das Thema offenes Betreuungsumfeld haben. Die Bereitstellung angemessener Behandlung sowie die Schaffung eines unterstützenden Umfelds sind entscheidend, um das Wohlbefinden und die

mentale Gesundheit von Sportlerinnen und Sportlern zu fördern. Eine frühzeitige Therapie bringt schnelle Linderung und verringert das Risiko einer Chronifizierung.

Bei der Behandlung der Depression oder einer Angststörung hat sich die Kombination von Psychotherapie und Pharmakotherapie als besonders wirksam erwiesen, kann aber je nach Schweregrad und Verlauf der Erkrankung variieren. Neben den klassischen Therapieformen bieten auch weitere Optionen wie EKT, TMS und Lichttherapie alternative Behandlungsmöglichkeiten. Eine langfristige Betreuung und Rückfallprävention sind entscheidend, um eine nachhaltige Besserung der Symptome und eine Verbesserung der Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu erreichen.

Während „einfache“ unipolare Depressionen durchaus auch hausärztlich-internistisch behandelt werden können (und angesichts des Mangels an zeitnahen Facharztterminen auch müssen), sollten komplexere psychiatrische Störungen immer psychiatrisch-fachärztlich abgeklärt werden.

Dr. med. Jan Brünsing
ATOS Klinik MediaPark Köln
bruensing@innere-im-mediapark.de