Oktober 2024 – Ausgabe 44

Das reparative Riesenzellgranulom der Hand

Dr. med. Thomas Geyer
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Schlüsselwörter: reparatives Riesenzellgranulom, Riesenzelltumor, aneurysmatische Knochenzyste

Destruktive zystische Knochenläsionen der kleinen Knochen der Hände und Füße stellen uns immer wieder vor diagnostische Herausforderungen. Sowohl reparative als auch neoplastische Läsionen treten auf, die sich im klinischen und radiologischen Erscheinungsbild ähneln, wie der dargestellte Fall zeigt.

Ein 18-jähriger Mann stellte sich mit zunehmender Schwellung mit deutlicher Größenzunahme und Schmerzen im Bereich der linken Mittelhand über einen Zeitraum von zwei Monaten in der Praxis vor. Ein Jahr zuvor war aufgrund einer zystischen Läsion im Bereich des distalen Anteils des 3. Mittelhandknochens eine Curettage durchgeführt worden. Histopathologisch war die Diagnose einer aneurysmatischen Knochenzyste gestellt worden.

Diagnostik

Bei der klinischen Untersuchung war eine deutliche Schwellung über dem 3. Mittelhandknochen links erkennbar (Abb. 1). Aufgrund der Voroperation zeigte sich eine eingeschränkte Beuge- und Streckfähigkeit bei zusätzlicher generalisierter Bandlaxizität. Im Röntgen fand sich eine große zystische Läsion des 3. Mittelhandknochens mit deutlicher Ausdünnung der Kortikalis (Abb. 2).

Kernspintomographisch ist eine scharf begrenzte Auftreibung des 3. Mittelhandknochens mit teils zystisch-liquiden, teils soliden Anteilen zu erkennen (Abb. 3).

Operative Therapie

Aufgrund der Ausdehnung der Läsion erfolgte die vollständige Resektion und der Ersatz mittels trikortikalem Beckenkammspan. Im Bereich des Mittelhandköpfchens verblieb nur noch eine dünne unversehrte „Knorpelkappe“.

Intraoperativ imponierte der Tumor als schwammartige, gefäßreiche Läsion (Abb. 4).

Pathoanatomisch fand sich eine solide wachsende, riesenzellhaltige ossäre Läsion, die histologisch eindeutig der Entität des reparativen Riesenzellgranuloms zugeordnet wurde (Abb. 5).

Bereits acht Wochen postoperativ zeigte sich im Röntgenbild eine beginnende knöcherne Konsolidierung (Abb. 6) sowie klinisch eine gute Funktion, welche dem präoperativen Bewegungsausmaß entsprach.

Diskussion

In einer Übersicht von 240 Fällen fanden Ostrowski et al. 203 gutartige und 37 bösartige Tumoren [1]. 89 der gutartigen Tumore wurden als reaktiv, u. a. als reparatives Riesenzellgranulom beschrieben („giant cell reparative tumor“, GCRT). Die Häufigkeit und Verteilung der reaktiven Läsionen sind typisch für die kleinen Knochen der Hand, welche häufig Verletzungen ausgesetzt sind. In der Serie wurden 24 reparative Riesenzellgranulome und nur zwei Riesenzelltumoren („giant cell tumors“, GCT) diagnostiziert. Nichtsdestotrotz scheint die Unterscheidung nicht immer ganz klar zu sein. Jaffé beschrieb erstmals 1953 reparative Riesenzellgranulome in den Gesichtsschädelknochen [2]. Mit dem Begriff beabsichtigte Jaffé eine Abgrenzung zum echten Riesenzelltumor. Das reparative Riesenzellgranulom beschrieb er als nicht-neoplastisch und vermutete als Ursache intraossäre Blutungen.

Lorenzo und Dorfmann beschrieben acht Fälle von Riesenzellgranulomen im Hand- und Fußbereich [3]. Auch sie hielten reaktive Läsionen aufgrund einer intraossären Blutung für die Ursache, auch wenn nicht immer anamnestisch ein Trauma zu eruieren war. Das bestimmende histologische Bild ist ein zellreiches Stroma mit mehrkernigen Riesenzellen, die sich oft in unmittelbarer Nähe zu Einblutungen und Osteoidformationen befinden. Häufig gleichen die Tumore auch aneurysmatischen Knochenzysten, weshalb sie auch gelegentlich als solide Variante der aneurysmatischen Knochenzyste bezeichnet werden. Alle beschriebenen

Läsionen scheinen aber Ausdruck des gleichen pathogenetischen Mechanismus zu sein.

Die solide aneurysmatische Knochenzyste weist eine ähnliche Histologie auf wie das Riesenzellgranulom und kann auch nicht immer vom braunen Tumor bei Hyperparathyreoidismus unterschieden werden.

Biscaglia et al. [4] fanden unter 900 Riesenzelltumoren nur 29 im Bereich der Hände und Füße. Sie bemerkten eine histologische Überlappung mit dem reparativen Riesenzelltumor in 14 Prozent der Fälle und das Vorhandensein einer aneurysmatischen Knochenzyste in 24 Prozent der Fälle. Eine klinische und radiologische Unterscheidung scheint hier nicht möglich; auch histopathologisch kann die Abgrenzung schwerfallen.

In einer großen Serie von 90 reparativen Riesenzelltumoren, einschließlich 33 im Bereich der Hände und Füße [5], traten keine malignen Transformationen oder Lungenmetastasen auf.

Die Rezidivrate bei Riesenzelltumoren, die durch Curettage und Spongiosaplastik behandelt wurden, lag bei 40 bis 60 Prozent; bei anderen Techniken scheint die Rezidivrate geringer zu sein. Zur Unterscheidung zwischen GCRT und GCT scheint sich die Rezidivrate jedoch nicht zu eignen [6].

Fazit

Die Unterscheidung zwischen Riesenzelltumor und reparativem Riesenzellgranulom ist wichtig, da der Riesenzelltumor ein kleines, aber reales Risiko der Metastasierung in sich trägt. Obwohl eine Differenzierung klinisch und radiologisch nicht möglich ist, gelingt diese in den meisten Fällen durch die histopathologische Untersuchung [7], [8]. Ein kleiner Teil der Tumore zeigt jedoch auch histologisch ein ähnliches Erscheinungsbild, sodass eine engmaschige klinische Verlaufskontrolle gerechtfertigt ist.

Die Unterscheidung zwischen reparativem Riesenzellgranulom und aneurysmatischer Knochenzyste ist wissenschaftlich nicht begründet und weder diagnostisch noch therapeutisch entscheidend.