Oktober 2025 – Ausgabe 46
Ambulantes Operieren in der Schulterchirurgie – was ist möglich und was ist sinnvoll?
Dr. med. Anke Tobusch
Ein großer Vorteil des ambulanten Operierens besteht darin, dass die Patienten vom Arzt ihres Vertrauens operiert werden. Indikationsstellung, Operation und postoperative Betreuung liegen in einer Hand. Durch die Möglichkeit der minimalinvasiven, arthroskopischen Chirurgie gelingen auch komplexe schulterchirurgische Eingriffe sehr gut im ambulanten Setting.
Die enge Zusammenarbeit mit der Anästhesie macht ein individuell auf den Patienten abgestimmtes perioperatives Schmerzkonzept möglich, sodass durch interskalenäre sowie supraskapuläre Schmerzblöcke das Schmerzerleben der Patienten auch bei bekanntermaßen sehr schmerzhaften Eingriffen, z. B. Rekonstruktionen der Rotatorenmanschetten, extrem positiv beeinflusst werden kann [1].
Unserer Erfahrung nach können sämtliche arthroskopischen Schulteroperationen problemlos im Ambulatorium durchgeführt werden, sofern es die Nebendiagnosen der Patienten zulassen. Studien belegen, dass es keinen Unterschied im Heilungsverlauf zwischen stationär und ambulant durchgeführten Schulterarthroskopien gibt [2] [3].
Studien aus vergangenen Jahren zeigen die Zufriedenheit ambulant operierter Patienten auf: 97,8 % der Befragten würden sich wieder ambulant operieren lassen, und 98,8 % würden die Praxisklinik weiterempfehlen (ÄrzteZeitung 10.02.05).
Bei ambulant durchgeführten Operationen entfallen die teils ausgeprägten psychischen Belastungen, die bei mehrtägigen Klinikaufenthalten auftreten können. Die Heilung kann in der häuslichen Umgebung komplikationsloser verlaufen.
Ambulante Eingriffe sind zudem deutlich günstiger als stationär durchgeführte Operationen, da Kosten und Personal im Krankenhaussektor eingespart werden können [4]. Dennoch dürfen die ökonomischen Aspekte weder zu fahrlässigen Entscheidungen führen und damit die Patientensicherheit gefährden noch die Wirtschaftlichkeit der Ambulatorien einschränken.
Die Ambulantisierung gelingt nur, wenn der Erlös in der Höhe so gestaltet ist, dass der Systemumbau für Leistungsanbieter wirtschaftlich ist. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat eine übergeordnete Auswahl an Operationen getroffen, die überhaupt zur ambulanten Durchführung zugelassen sind (SGB 5 § 115b) unter dem Stichwort: Hybrid DRG (sektorengleiche Vergütung) in der Schulterchirurgie – diese hat sich bisher noch nicht durchgesetzt. So können weiterhin die Kosten für im Patienten verbleibende Materialien abgesetzt werden, wodurch weiterhin auch komplexe, materialintensive ambulante Schulteroperationen erfolgen können. Wir hoffen, dass hier auch zukünftig die richtige, patienten- und ökonomisch orientierte Entscheidung getroffen wird.
Auch wenn demnach eine Operation ambulant durchführbar ist, muss individuell entschieden werden, ob die erforderliche Operation besser unter ambulanten oder stationären Voraussetzungen durchgeführt werden soll. Dies sollte ausschließlich von folgenden Aspekten abhängen:
- Ist der Patient geeignet (soziale Aspekte, medizinische Aspekte)?
- Ist die Räumlichkeit geeignet (Ort der Operation)?
- Ist das Personal geeignet (Operationsteam)?
Einen Überblick über ambulant durchzuführende Schulteroperationen nach AOP-Katalog 2024 bietet Tabelle 1 [1].
Arthroskopische Schulteroperationen (Rotatorenmanschettenrekonstruktionen, Stabilisierung mit und ohne Remplissage, subakromiale Dekompression, Kalkentfernung, ACG-Teilresektion, Tenodese der langen Bizepssehne, Arthrolysen) können durch den Einsatz von interskalenären und supraskapulären Blöcken sehr gut ambulant durchgeführt werden [5].
Durch die Vorstellung in der Praxis am 1. postoperativen Tag können Schmerzspitzen aufgefangen werden, ggf. kann nochmals ein supraskapulärer Block gesetzt und mit der bereits präoperativ angesetzten oralen Medikation kombiniert werden. Es gilt, die bekannten Schmerzspitzen bis zum 3. postoperativen Tag zu vermeiden. Schulterendoprothetik: Hier ergibt sich allein schon durch das zumeist höhere Alter der Patienten und das damit verbundene Nebendiagnoseprofil eine eher seltene Indikation für die ambulante Durchführung. Es gibt jedoch bereits einige Studien aus den USA und auch wenige aus Europa, die zeigen, dass die ambulante Schulterendoprothetik bei adäquater Indikationsstellung und perioperativer Versorgung grundsätzlich möglich ist [6] [7].
Die eigene Erfahrung bestätigt, dass neben den in der Mehrzahl der Fälle durchgeführten ambulanten arthroskopischen Operationen auch im stationären Setting zunehmend kürzere Verweildauern möglich sind, wenn wenige Nebendiagnosen vorliegen und ein gutes perioperatives Management möglich ist.
Keinesfalls darf der zunehmende ökonomische Druck jedoch zu Fehlentscheidungen in Bezug auf ambulant versus stationäre Operationen führen!
„Neben den vielen ambulant durchführbaren arthroskopischen Operationen sind auch im stationären Setting kürzere Verweildauern möglich, wenn wenige Nebendiagnosen vorliegen und das perioperative Management gut ist.“