Oktober 2024 – Ausgabe 44

Alle Register ziehen! Knieprotheseninfekt mit Patellasehnen- und Weichteildefekt

Thermann

Prof. Dr. med. Hajo Thermann
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Schlüsselwörter: Revisionsendoprothetik Knie, Patella baja, Protheseninfekt, Knochendefekt, Patellasehnendefekt, Rekonstruktion Patellasehne, Gastrocnemius-Schwenklappenplastik, Fasziokutanlappenplastik, Mesh-Transplantation

Ein relativ kleiner Eingriff zur Verbesserung der Beugefähigkeit eines Knies mit posterior stabilisierter Knieendoprothese entwickelte sich durch eine Wundinfektion zur Katastrophe mit notwendiger Explantation der Prothese, großem Defekt am Femur und Verlust der Patellarsehne. Mit maximal hohem Aufwand und unter Hinzuziehen eines plastischen Chirurgen konnte das Knie gerettet werden.

Ein 51-jähriger Patient stellt sich mit schwerstem Beugedefizit bei Zustand nach PS-Knie mit Stems vor, das aufgrund einer posttraumatischen Arthrose in der Vergangenheit eingesetzt worden war. Der Patient ist begeisterter Radfahrer, arbeitet als Fahrradhändler und war nicht mehr in der Lage, mit der eingeschränkten Beugung von 70° Fahrrad zu fahren. Hinzu kommen zusätzlich erhebliche Schmerzen und ein fester Anschlag bei 70° Beugung (Abb. 1 a, b). Das Röntgenbild zeigte eine Patella baja.

Als kleinster Eingriff wurde eine Tuberositas-Osteotomie mit Kranialisierung und Arthrolyse vorgeschlagen und auch durchgeführt. Der Patient konnte post operationem und intra operationem 105° beugen.

Da der Patient sehr indolent war, nahm er seine berufliche Tätigkeit zu früh wieder auf, sodass er sich nach sechs Wochen mit einem Infekt im anterioren Wundbereich wieder vorstellte. Innerhalb der Wunde zeigten sich Ölspuren.

Man entschied sich für eine Revision mit Prothesenausbau. Intraoperativ zeigte sich, dass die Revisionsprothese dermaßen fest eingebaut war, dass sie nur über eine Tuberositas-Osteotomie mit langstreckiger Freilegung der Diaphyse im Bereich der Tibia explantiert werden konnte. Zusätzlich zeigte sich bei der Explantation auch ein deutlicher Knochendefekt im Bereich der medialen Femurkondyle (Abb. 1 c). Aufgrund des Infektes musste auch die Patellasehne entfernt werden. Ein Spacer wurde eingesetzt (Abb. 1 d).

Die Wunden heilten primär ab und nach sechs Wochen konnte die Revisionsoperation durchgeführt werden. Aufgrund der Gesamtsituation wurde von vorneherein eine plastische Deckung mit Prof. Dr. med. Günter Germann (ETHIANUM Klinik Heidelberg) geplant. Nichts durfte unversucht bleiben – alle verfügbaren und möglichen Mittel sollten eingesetzt werden, um das Knie des Patienten zu retten.

Als der Spacer entfernt wurde, zeigte sich ein massiver Knochenverlust. Aufgrund dessen wurde im Bereich der medialen Kondyle ein in Knochenmark getränkter Allograftblock temporär bis zur Implantation der Prothese mit Spickdrähten fixiert (Abb. 2). Der Einsatz von Wedges und Offsets sowie die Verwendung von langen Stems waren erforderlich.

Die Implantation der Prothese war nicht das einzige Problem. Es fehlte noch die Patellasehne. Diese wurde nach Prothesenimplantation aus der Achillessehne mit distalem Knochenblock wiederhergestellt. Auf diese Weise konnte die Narbenplatte anterior in die Achillessehnenrekonstruktion inkorporiert und eine mittlere Spannung bei leichter Beugung und entsprechender Zentrierung des Extensor-Mechanismus im Vergleich zur gesunden Seite erreicht werden. Dies führte nicht nur zu einer Verbesserung der Funktionalität, sondern auch zu einer Stabilisierung und schnelleren Heilung der Achillessehne. (Abb. 3 a-c).

Abschließend führte Prof. Germann (ETHIANUM Klinik Heidelberg) eine Gastrocnemius-Schwenklappenplastik, eine Fasziokutanlappenplastik und eine Mesh-Transplantation durch, um die große Wunde zu verschließen (Abb. 4 a-d). Der Heilungsverlauf war jetzt per primam.

Der Patient konnte seine Tätigkeit als Fahrradhändler und Freizeitradler wieder aufnehmen.

Bei der letzten Kontrolle nach acht Jahren betrug die Beweglichkeit 0-0-105°. Die Wunden zeigten keinerlei Reizung. Das Knie war nicht geschwollen und der Patient war sehr zufrieden mit dem Ergebnis (Abb. 5 a-d, Abb. 6).