Mai 2025 – Ausgabe 45

Prävention, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Fettstoffwechsels

Brünsing

Dr. med. Jan Brünsing
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Schlüsselwörter: Lipidstoffwechsel, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Fettstoffwechselstörung, Statintherapie

Der Lipidstoffstoffwechsel spielt eine herausragende Rolle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und hat so direkte Auswirkungen auf die Gesundheit. „Leider“ verursacht ein erhöhter Cholesterinwert jahrzehntelang keine Beschwerden, und die wenigsten Patientinnen und Patienten werden mangels breiter Aufklärung gezielt um ein „lipidologisches Screening“ bitten.  Ein grundlegendes Verständnis des Fettstoffwechsels, seiner therapeutischen Beeinflussung sowie der Prävention fördert die Motivation, Patientinnen und Patienten auf Fettstoffwechselstörungen anzusprechen.


In allgemeinmedizinischen Praxen ist ein hoher Anteil an Patientinnen und Patienten zu erwarten, die eine Stoffwechselstörung haben, die aber aufgrund von Alter oder allgemein guter Gesundheit nicht (vollständig) diagnostiziert ist. Aber auch anderen Fachärztinnen und -ärzten ist es nicht „verboten“, gelegentlich nach Störungen des Fettstoffwechsels zu fragen: Die einfachen Fragen „Kennen Sie Ihr LDL-Cholesterin?“ oder „Hatten Ihre Eltern Herzinfarkte?“ können tatsächlich Leben retten. Dieser Beitrag soll helfen, fundierte Entscheidungen in der Diagnose, Prävention und Therapie von Fettstoffwechselstörungen zu treffen. Eine LDL-Spiegelbestimmung im Rahmen von ohnehin nötigen Laborkontrollen kostet nur wenige Cent und allenfalls wenige zusätzliche Klicks im Laborinformationssystem.

Fettstoffwechsel im Überblick

Für Nicht Lipidologen ist es durchaus möglich, die Parameter LDL, HDL, Triglyzeride und Lp(A) als „Laborwerte“ zu verstehen, die bei Patientinnen und Patienten in einen Zielbereich gebracht werden müssen, um langfristig Gesundheit zu erhalten. Das ist ein pragmatischer Angang an das Thema und wird zum Ziel führen, aber ein vertieftes Verständnis der Biochemie von HDL und LDL-Cholesterin, Triglyzeriden und Lipoprotein A ist hilfreich, um die komplexen Mechanismen von Fettstoffwechselprozessen zu erfassen. Auch sind die möglichen Ansatzpunkte der Therapeutika verständlicher, und eine falsche Ko Medikation (z. B. „roter Reis“ und „Statin“) passiert dann nicht.

LDL-Cholesterin

Low Density Lipoprotein (LDL) ist ein entscheidender Träger für den Transport von Cholesterin im Blutkreislauf. Seine Hauptfunktion besteht darin, Cholesterin von der Leber zu den Zellen im gesamten Körper zu transportieren, wo es für verschiedene lebenswichtige Prozesse benötigt wird, einschließlich der Zellmembranbildung und der Hormonsynthese. LDL-Cholesterin wird auch oft als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet, da erhöhte LDL-Spiegel  das Risiko für Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen können. Gleichwohl ist es im Sinne eines gesunden LDL-Spiegels im Blut lebenswichtig.

Das LDL-Molekül besteht aus Lipiden und Proteinen, wobei das Cholesterin im hydrophoben Kern eingebettet ist. Unter normalen Bedingungen bindet LDL anspezifische Rezeptoren auf der Oberfläche von Zellen, insbesondere in der Leber, um das Cholesterin freizusetzen. Bei einem Ungleichgewicht, beispielsweise durch erhöhte LDL-Spiegel oder eine beeinträchtigte Rezeptorfunktion, kann LDL in die Arterienwand eindringen. Dort unterliegt es Modifikationen und trägt zur Bildung von atherosklerotischen Plaques bei, was zu Gefäßverengungen und potenziell schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen führen kann. Daher ist die Regulation von LDL-Cholesterin von großer Bedeutung für die Aufrechterhaltung der kardiovaskulären Gesundheit.

HDL-Cholesterin

High Density Lipoprotein (HDL) ist als „gutes“ Cholesterin bekannt. Es spielt eine entscheidende Rolle im Fettstoffwechsel, indem es überschüssiges Cholesterin aus den Zellen aufnimmt und zur Leber transportiert, wo es aus dem Körper entfernt wird. HDL trägt zur Reduzierung von Plaquebildung in den Arterien bei und schützt so vor Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein höherer HDL-Spiegel wird mit einem verringerten kardiovaskulären Risiko in Verbindung gebracht. Die alte Lehrmeinung, dass ein hohes „gutes“ LDL-Cholesterin einen gewissen Kredit auf ein erhöhtes LDL-Cholesterin gibt, ist jedoch obsolet. Unabhängig von den HDL-Werten sind die LDL-Zielwerte immer einzuhalten.

Triglyzeride

Als Hauptbestandteil von Fetten sind Triglyzeride eine Energiequelle für den Körper. Ihr Metabolismus involviert Lipasen und transportierende Proteine. Auch ein erhöhter Triglyzeridspiegel korreliert mit einem gesteigerten kardiovaskulären Risiko. Eine Kenntnis des Triglyzeride Werts (Nüchternbestimmung) ist wichtig, aber bei Weitem nicht so wichtig wie das LDL-Cholesterin.

Lipoprotein A

Lipoprotein(a), kurz Lp(a), ist eine besondere Form von LDL-Cholesterin. Es enthält zusätzlich ein spezifisches Protein, das an Plasminogen bindet, wodurch es prothrombotische Eigenschaften aufweist. Dies erhöht das Risiko für atherosklerotische Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Genetische Faktoren beeinflussen die Lp(a)-Spiegel stark und hohe Werte gelten als eigenständiger  Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Die genaue Funktion von Lp(a) im Fettstoffwechsel und seine spezifische Rolle in der Atherogenese sind weiterhin Gegenstand intensiver Forschung.

Gegenwärtig ist das Lp(a) weder durch ernährungsmedizinische noch durch medikamentöse Interventionen wesentlich zu beeinflussen. Bei Grenzwertüberschreitung sollte der Fokus auf der strikten Optimierung aller anderen intervenierbaren Risikofaktoren liegen (LDL, Rauchen, Bewegung usw.).

Lipoproteinwechselwirkungen

Die Interaktionen zwischen verschiedenen Lipoproteinen, darunter High Density Lipoprotein (HDL), Low Density Li poprotein (LDL) und Very Low Density Lipo protein (VLDL), spielen eine zentrale Rolle im Cholesterinstoffwechsel. HDL transportiert überschüssiges Cholesterin aus den Zellen zur Leber, wo es metabolisiert oder ausgeschieden wird. LDL, das Hauptträgermolekül von Cholesterin, liefert Cholesterin zu den Zellen und ist bei erhöhten Werten mit atherosklerotischen Veränderungen wissenschaftlich eindeutig assoziiert. VLDL transportiert Triglyzeride und wird in der Leber produziert.

Enzymatische Prozesse

Die biochemischen Reaktionen im Fettstoffwechsel umfassen eine Vielzahl von enzymatischen Prozessen. Lipasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufspaltung von Triglyzeriden in freie Fettsäuren und Glyzerin. Dieser Prozess ist entscheidend für die Energiegewinnung und den Transport von Fetten im Blut. Die Synthese von Cholesterin erfolgt über mehrere enzymatisch katalysierte Schritte, wobei das Enzym HMGCo-A-Reduktase eine zentrale Rolle spielt. Die Hemmung dieses Enzyms durch Statine ist ein bewährter therapeutischer Ansatz zur Senkung des LDL-Cholesterins.

Genetische Einflüsse

Genetische Faktoren beeinflussen den Fettstoffwechsel und spielen eine entscheidende Rolle bei der Variabilität der Lipidwerte zwischen den Individuen. Polymorphismen in Genen, die für Enzyme des Fettstoffwechsels kodieren, können das Risiko für Fettstoffwechselerkrankungen beeinflussen. Enorm hohe Werte  im lipidologischen Profil von Patientinnen und Patienten sollten immer Anlass sein, diese im Rahmen einer lipidologischen Sprechstunde auf homozygote Formen der Hypercholesterinämie u. a. Erkrankungen zu untersuchen. Die Identifikation  genetischer Variationen ermöglicht nicht nur eine genauere Risikoabschätzung, sondern eröffnet auch Wege für personalisierte Therapieansätze in der Zukunft.

Prävention von Fettstoffwechselerkrankungen

Die präventive Strategie setzt auf eine differenzierte Betrachtung nichtmedikamentöser Ansätze, insbesondere im Kontext von Sport und Ernährung. Allgemeinmediziner agieren hier als Schlüsselakteure, indem sie Empfehlungen aussprechen und individuelle Gesundheits ziele festlegen oder überhaupt erstfür die gesundheitlichen „Baustellen“ sensibilisieren. Bei Patientinnen und Patienten, die kein oder wenig Problembewusstsein für das eigene Rauchen und teilweise sehr schwere Adipositas entwickelt haben, wird die alleinige Definition eines LDL-Grenzwertes, den man „irgendwie“ erreichen muss, nicht viel helfen.

Sport als Präventiv- und Therapieinstrument

Die Bedeutung regelmäßiger körperlicher Aktivität als Präventionsmaßnahme und als adjuvantes Therapieinstrument ist in der Fettstoffwechselregulation eminent. Die individuelle Anpassung von Sportempfehlungen unter Berücksichtigung von Patientenparametern wie Fitnesslevel, Alter und eventuellen Begleiterkrankungen ist essenziell. Ein differenziertes Verständnis der metabolischen Anpassungen aufgrund sportlicher Betätigung ermöglicht eine gezielte Beratung.

Ernährung als Schlüssel zur Prävention

Die Ernährung stellt einen fundamentalen Hebel zur Prävention von Fettstoffwechselerkrankungen dar. Hierbei steht nicht nur die generelle Empfehlung einer herzgesunden Ernährung, sondern auch die individuelle Anpassung im Fokus. Die  Reduktion gesättigter Fettsäuren, die Betonung ungesättigter Fettsäuren und die Förderung einer ausgewogenen Ernährung sind wesentliche Bestandteile. Die Integration von Ernährungsempfehlungen in den Lebenskontext von Patientinnen und Patienten erfordert eine fachlich fundierte und zugleich patientenzentrierte Beratung.

Selbst wenn die alleinige Power von Sport und Ernährung in Bezug auf das LDL-Senkungspotenzial im Vergleich zu sehr wirksamen medikamentösen Möglichkeiten eher gering ist, modifiziert der gesunde Lifestyle gleich mehrere Risikofaktoren zeitgleich. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Eine Studie konnte zeigen, dass die medikamentöse Senkung in die Zielbereiche allein nicht so erfolgreich ist wie in Kombination mit einer Optimierung der Ernährung durch Ernährungsberatung. Hierbei werden alle atherogenen Faktoren, wie auch die Triglyzeride oder die kleinen, dichten LDL-Partikel (sd SDL), optimiert.

Medikamentöse Therapieoptionen nach aktueller Leitlinie

Im Rahmen der medikamentösen Therapieoptionen spielen verschiedene Wirkstoffgruppen eine Rolle. Statine haben eine gute Wirksamkeit und – im Gegensatz zu ihrem Ruf – eine insgesamt ausgezeichnete Verträglichkeit. Statine werden in der Regel als Erstes eingesetzt, wenn eine LDL-Cholesterinerhöhung behandlungsbedürftig ist. Aufgrund der positiven metabolischen Nebeneffekte, wieder Stabilisierung bereits vorhandener Gefäßplaques und der Optimierung des Re Modellings nach einem Infarkt, bilden sie das „Backbone“ der Lipidtherapie. Ergänzt wird ein Therapiekonzept dann durch weitere Substanzklassen, wie im Folgenden beschrieben. Die leitlinienkonforme Reihenfolge des Einsatzes von Maßnahmen und Medikationen zeigt Abbildung 3.

Statine

Statine, als HMGCo-A-Reduktase Inhibitoren, beeinflussen zentral den Cholesterinstoffwechsel. Ihre Wirkung ergibt sich über die aktive Hemmung der Cholesterinbiosynthese, wodurch eine effektive Senkung des LDL-Cholesterins erreicht wird. Die Auswahl des geeigneten Statins erfordert ein Verständnis der individuellen metabolischen Charakteristika, insbesondere des Cytochrom Systems der Leber und möglicher Begleitmedikationen. Standard bei Beginn einer neuen Medikation sind im europäischen Raum entweder Rosuvastatin oder Atorvastatin, welche dank langer Halbwertszeit einmal täglich oral eingenommen werden können. Auch der Zeitpunkt der Einnahme am Tag ist zweitrangig, das Statin muss also nicht mehr zwingend abends erfolgen.

Ezetimib

Ezetimib greift in den enterohepatischen Kreislauf ein, hemmt die Resorption von Cholesterin im Darm und führt zu einer Verringerung des Gesamtcholesterins und des LDL-Cholesterins. Insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit einem hohen kardiovaskulärem Risikoprofil stellt Ezetimib eine sinnvolle Ergänzung dar. Das Medikament ist sehr gut verträglich, anfängliche unspezifische Magen Darm Beschwerden verschwinden im Patientenstamm des Autors nach wenigen Tagen fast immer.

Bempedoinsäure

Die Bempedoinsäure repräsentiert eine neuere Klasse von Medikamenten, die auf das ATP-Citrat-Lyase-Enzym abzielen. Hierdurch erfolgt eine Modulation des Cholesterinstoffwechsels, insbesondere durch Reduktion des LDL-Cholesterins. Diese Therapieoption eröffnet neue Möglichkeiten bei Patientinnen und Patienten mit Unverträglichkeiten oder mangelnder Wirksamkeit von Statinen, ist aber auch ein idealer dritter Partner, wenn ein ausdosiertes Statin Ezetemib Regime an seine Grenzen stößt, die LDL-Werte jedoch noch zu hoch sind. Bempedoinsäure ist als Monopräparat erhältlich, kann aber auch in fester Kombination mit Ezetemib verordnet werden.

PCSK9-Inhibitoren

PCSK9-Inhibitoren wie Alirocumab und Evolocumab modulieren die Cholesterinregulation, indem sie die Abbauvorgänge von LDL-Rezeptoren in der Leber hemmen. Dies führt zu einer verstärkten Aufnahme von LDL-Cholesterin und zeigt sich als effektive Option bei Patientinnenund Patienten mit therapieresistenten hohen LDL-Cholesterinwerten. Die Einleitung einer PCSK9-Inhibitor-Therapie erfolgt in der Regel fachärztlich beim Internisten, Kardiologen oder Lipidologen. Die subkutane Gabe dieser Medikamente kann nach Schulung dann auch zu Hause erfolgen.

Inclisiran

Inclisiran, ein RNA-basierter Wirkstoff, setzt an der Regulation von PCSK9 an und bietet eine vielversprechende Perspektive für die langfristige LDL-Cholesterinsenkung. Erste Patientinnen und  Patienten werden in der Praxis des Autors seit etwa zwei Jahren mit Inclisiran behandelt. Die LDL-Senkung ist derart stark, dass Statine, Ezetemib und Bempedoinsäure oft deutlich reduziert werden konnten (mussten). Die tief subkutane  Injektion erfolgt nach einer Aufsättigungsphase durch die Ärztin oder den Arzt nur zweimal jährlich.

Die Kenntnis dieser medikamentösen Optionen ermöglicht eine gezielte und evidenzbasierte, gleichzeitig individuelle Therapieauswahl. Bis hin zur Dreifachkombination Statin Ezetemib Bempedoinsäure oder einer ausdosierten Zweifachkombination mit zwei der genannten Partner ist eine Therapie mit Kontrollen der Verträglichkeit und Therapiezielerreichung gut in der hausärztlichen Praxis  zu leisten. Die Therapien mit subkutanen Medikamenten oder andere komplizierte Therapieschemata, z. B. mit Fibaten, sollten internistischfachärztlich oder lipidologisch betreut werden. Lipidologen sind auch die Ansprechpartner bei schwierigen oder enorm erhöhten Laborkonstellationen sowie in Situationen, bei denen aufgrund von Nebenwirkungen oder Angst vor Nebenwirkungen eine ausreichende Compliance der Patientinnen und Patienten nicht erreicht werden kann.

Die Effektivität der einzelnen Maßnahmen und Medikationen unterscheidet sich, ist aber auch interindividuell durchaus sehr verschieden. Tabelle 1 zeigt die jeweils zu erwartende LDL-Senkung; die meisten Maßnahmen sind als wirksam zu bewerten.

Leitliniengerechte Therapie

Die leitliniengerechte Therapie von Fettstoffwechselerkrankungen basiert auf den Richtlinien verschiedener medizinischer Gesellschaften. Ein zentraler Fokus liegt auf der effektiven Senkung des LDL-Cholesterins, da dies ein maßgeblicher Risikofaktor für Herz Kreislauf Erkrankungen ist. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und die Deutsche Gesellschaft für Fettstoffwechsel und Fortschritte in der Lipidologie (DGFF) geben klare Empfehlungen für Zielwerte und therapeutische Interventi onen vor. Gemäß den aktuellen Leitlinien sollten die LDL-Cholesterin Zielwerte individuell angepasst werden. Für Patientinnen und Patienten mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko strebt man LDL-Werte unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) an, während für Patientinnen und Pateinten mit hohem Risiko Werte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) empfohlen werden. Bei moderatem Risiko kann ein Zielwert von < 116 mg/dl (3 mmol / l) relevant sein. Eine genaue Risikostratifizierung ist entscheidend, um die Therapieziele zu präzisieren. Zur Bestimmung des kardiovaskulären Risikos in der Primärprävention ohne eine bereits manifeste Atherosklerose stehen diverse Algorithmen bereit, die auf Basis des LDLWertes, des Alters, des Geschlechts und des Blutdrucks eine Einschätzung ermöglichen. Etabliert ist die Zielwertermittlung für das LDL-Cholesterin anhand des SCORE (Systematic COronary Risk Evaluation). Der SCORE zur Berechnung des Risikos darf nur angewendet werden, wenn keine der in der Abb. 4 genannten Bedingungen, wie z. B. Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus oder eine manifeste kardiovaskuläre Krankheit, vorliegt. Eine entsprechende Erkrankung „schlägt“ einen höheren LDL-Zielwert nach SCORE. Der SCORE kann online berechnet werden, fast jeder Laboranbieter oder die Fachgesellschaften bieten Tools hierzu an. Bei der Verwendung eines Scoring Tools sollte darauf geachtet werden, den richtigen SCORE zu verwenden (nicht PROCAM, o. a.). Die entsprechenden Zielwerte nach SCOREoder nach Nebendiagnosen zeigt Abbildung 4.

Umsetzung und Anpassung der Therapie in der Praxis

Die Integration leitliniengerechter Therapieansätze in die allgemeinmedizinische Praxis erfordert ein möglichst umfassendes Verständnis der individuellen Patientensituation. Allgemeinmediziner sollten regelmäßige Überprüfungen der Lipidwerte durchführen und auf Basis aktueller Leitlinien die Therapie entsprechend anpassen. Dies kann die Optimierung von Medikamenten, die Betonung nichtmedikamentöser Ansätze oder die Konsultation von Fachexperten umfassen. Die Patientenführung spielt eine zentrale Rolle, um Therapieziele zu erreichen und gleichzeitig individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Der medizinische Standard in der hausärztlichen Versorgung ist in Deutschland sehr gut und wird oft vorbildlich leitlinienbasiert umgesetzt. Während viele Erkrankungen nach Leitlinien therapiert, Antibiosen nach Stewardship verordnet und überwacht, viele Laborzielwerte erreicht werden, erlebt man leider im Bereich der lipidologischen Fragestellung immer noch häufig eine gewisse „Gefühlsmedizin“, die es zu vermeiden gilt: Es gibt weder ein Zielalter, welches Patientinnen und Patienten für eine adäquate Therapie erreichen müssen („Sie sind aber noch zu jung für eine Cholesterin-Therapie“), noch gibt es einen „Graubereich“ für die LDLZielwerte („Ein LDLCholesterin von 142 mg /d L ist ja nur ein bisschen über dem Zielwert, das beobachten wir nur“). Gerade junge Patientinnen und Patienten profitieren von einer frühen Modellierung der kardiovaskulären Risikofaktoren, sei es der Nikotinverzicht, ein Sportprogramm oder eben eine LDL-Zielwert Erreichung.

Bedeutung der Zusammenarbeit  mit Fachexperten

Die enge Zusammenarbeit zwischen Allgemeinmedizinern und Fachexperten, insbesondere Kardiologen und Lipidologen, ist für eine erfolgreiche Behandlung von Fettstoffwechselerkrankungen entscheidend. Experten können komplexe Fälle bewerten, zusätzliche diagnostische Tests durchführen und spezifische therapeutische Empfehlungen geben. Ein interdisziplinärer Ansatz ermöglicht eine ganzheitliche Betreuung und trägt dazu bei, die besten Ergebnisse für die Patientinnen und Patienten zu erzielen.

Fazit für die Praxis

Ein leitliniengerechter, aber dennoch pragmatischer Zugang zum LDL-Cholesterin ist von zentraler Bedeutung für die praxisorientierte Behandlung von Fettstoffwechselerkrankungen. Die Anpassung der Therapieziele entsprechend der Risikoprofile der Patientinnen und Patienten ermöglicht eine maßgeschneiderte und effektive Intervention. Bei Patientinnen und Patienten mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko ist eine aggres sive Senkung des LDL-Cholesterins auf Werte unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) empfehlenswert. Für Patientinnen und Patienten mit einem hohen Risiko sollten Werte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) angestrebt werden, während bei allen anderen Patientinnen und Patienten ein Zielwert von < 116 mg/dl (3 mmol/l) erreicht werden soll. Dieser pragmatische Ansatz berücksichtigt nicht nur die aktuellen Leitlinien, sondern auch die individuellen Patientenbedürfnisse und die Realitäten der all gemeinmedi zinischen Praxis. Wichtig ist immer die Anamnese, die Familienanamnese und ein Screening der Patientinnen und Patienten – gerne auch bei Vorsorge Besuchen in der Praxis. In der Praxis des Autorshaben sich die Besuchsanlässe zu Grippe- und Corona-Impfungen als geeignete Anker erwiesen, um einen kurzen Blick auf alte Laborwerte zu werfen oder auch nur die Frage zu stellen: „Kennen Sie Ihr LDL-Cholesterin?“ Die Rolle der Allgemeinmedizin in der Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Fettstoffwechselerkrankungen  erstreckt sich von der Risikoevaluierung  bis zur Umsetzung leitliniengerechter Therapieansätze. In Zusammenarbeit mit  Fachexperten werden komplexe Fälle bewertet und spezifische Empfehlungen gegeben. Neben medikamentösen Therapieoptionen spielen nichtmedikamentöse Ansätze, insbesondere Ernährung und Bewegung, eine entscheidende Rolle. Die Integration dieser lebensstilbasierten Maßnahmen in die Patientenbetreuung trägt nicht nur zur Verbesserung des Fettstoffwechsels bei, sondern fördert auch langfristig die Gesundheit und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten. [/av_textblock] [/av_one_full][av_hr class='invisible' icon_select='yes' icon='ue808' font='entypo-fontello' position='center' shadow='no-shadow' height='5' custom_border='av-border-thin' custom_width='50px' custom_margin_top='30px' custom_margin_bottom='30px' custom_border_color='' custom_icon_color='' id='' custom_class='' av_uid='av-4ghrpc' admin_preview_bg=''] [av_button label='Zurück' icon_select='no' icon='ue800' font='entypo-fontello' link='manually,javascript:history.back()' link_target='' size='small' position='left' label_display='' title_attr='' color_options='' color='theme-color' custom_bg='#444444' custom_font='#ffffff' btn_color_bg='theme-color' btn_custom_bg='#444444' btn_color_bg_hover='theme-color-highlight' btn_custom_bg_hover='#444444' btn_color_font='theme-color' btn_custom_font='#ffffff' id='' custom_class='' av_uid='av-39v4sg' admin_preview_bg=''] [/av_section]

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