Mai 2025 – Ausgabe 45
Minimalinvasive chirurgische Verfahren zur schonenden Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen
Schlüsselwörter: Minimalinvasive Wirbelsäulenchirurgie, Mikrochirurgie, spinale Endoskopie, lumbaler Bandscheibenvorfall, lumbale Spinalkanalstenose
Der medizinische und technische Fortschritt in der Wirbelsäulentherapie hat zu der Maxime geführt, mit dem kleinstmöglichen Eingriff das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dies setzt voraus, dass diagnostische Maßnahmen zu einer präzisen Eingrenzung der Schmerzursache führen.
Die demographische Entwicklung, die zum Anstieg mit dem Altern verknüpfter Erkrankungen der Wirbelsäule, aber auch des Herz Kreislaufsystems, von Lunge, Leber und Nieren führt, unterstreicht die Forderung, Operationen so minimalinvasiv wie möglich und die Operationsdauer so kurz wie möglich zu halten. Dies geht Hand in Hand mit dem Wunsch der Patientinnen und Patienten nach schonenden und funktionserhaltenden Verfahren zur Behandlung ihrer Wirbelsäulenerkrankung.
Neben dem wachsenden Wissen über die Wirbelsäule als Stützapparat des Körpers und den minimalinvasiven Ansätzen zur Behandlung verschleißbedingter Wirbelsäulenerkrankungen spielen für das Verständnis von chronischspezifischen und nicht spezifischen Rückenschmerzen weitere Faktoren eine Rolle, welche die Entstehung und den Verlauf beeinflussen. Das Team des APEX SPINE Center in der ATOS Klinik München legt in der Diagnostik den Fokus auf eine genaue Ursachenforschung, beginnend mit einer ausführlichen Anamnese. Wird eine weiterführende Diagnostik benötigt, stehen moderne diagnostische Verfahren zur Verfügung. Durch die Expertise und Pionierarbeit von Dr. Michael Schubert mit mehr als 10.000 operativen Eingriffen gehört das APEX SPINE Center zu den weltweit führenden Zentren auf dem Gebiet der endoskopischen Wirbelsäulenchirurgie. Mit den Wirbelsäulenspezialisten Dr. med. Armin Helmbrecht und Herrn Ahmed Baraka im Bereich der Mikrochirurgie wird die Philosophie „Vorsprung durch Spezialisierung“ im Gesamtspektrum von minimalinvasiven Verfahren gelebt.
Erkrankungen der Wirbelsäule und ihre Behandlung
Der lumbale Bandscheibenvorfall beschreibt den Austritt von zentralem Kerngewebe (Nucleus pulposus) mit Verschiebung oder Durchtritt aus dem äußeren Faserring (Anulus fibrosus). Bandscheibenvorfälle werden z. B. nach Krämer [2] eingeteilt (Abb. 1). Je nach Lokalisation des Prolaps resultiert eine Drucksymptomatik auf die abgehende oder austretende Nervenwurzel. Durch die gleichzeitige Entzündung entsteht ein starker Nervenschmerz mit Projektion in das Bein (Lumboischialgie). In manchen Fällen resultiert eine Lähmung des angesteuerten Kennmuskels. Mehr als 90 % der lumbalen Bandscheibenvorfälle betreffen die unteren lumbalen Segmente LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1.
Meist erfolgt die Behandlung konservativ durch Schmerztherapie und Abwarten sowie mit physikalischer Therapie bei Funktionseinschränkungen. Bestehen die Schmerzen fort und kommt es zu einer hochgradigen Lähmung des Kennmuskels, werden operative Verfahren empfohlen.
Als lumbale Spinalkanalstenose wird die Verengung des Nervenkanals bezeichnet. Durch degenerative Prozesse mit Einsinken der Bandscheibe, Verdickung der hinteren Bänder und einem Knochenanbau an den Facettengelenken resultiert eine Verringerung des Querdurchmessers des Spinalkanals. Durch die Erhöhung des intraspinalen Drucks kommt es zu einer Kompression und zu Durchblutungsstörung der Nervenfasern. Klinisch manifestiert sich die erhöhte Drucksymptomatik als Rückenund Beinschmerz mit zunehmender Einschränkung der Gehstrecke. Da die mechanische Druckproblematik auf konservative Therapien nur unzureichend anspricht, wird im wissenschaftlichen Konsens die operative Behebung der Einengung empfohlen.
Chronischer nicht-spezifischer Rückenschmerz
Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Ursachen für die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems [4]. Bis zu 85 % der Bevölkerung leiden mindestenseinmal in ihrem Leben an Kreuzschmerzen, und bei etwa 15 % kommt es zu einem chronischen Verlauf [5, 6].
Liegt eine medizinisch eindeutige Ursache für den Rückenschmerz vor, handelt es sich um einen spezifischen Rückenschmerz. Beim nicht spezifischen Rückenschmerz liegt hingegen kein eindeutiger Grund vor. Nicht spezifische Rückenschmerzen werden von psychologischen, sozialen und biophysikalischen Faktoren beeinflusst und kommen weitaus häufiger vor als spezifische Rückenschmerzen; das Verhältnis beträgt etwa 4:1 [7, 8]. Patienten mit nicht spezifischen Rückenschmerzen benötigen eine umfassendere Diagnostik und Therapie, um einen Behandlungserfolg zu gewährleisten.
Der Wirbelsäulendiagnostik sollte eine besondere Aufmerksamkeit eingeräumt werden nicht nur zur Eingrenzung der spezifischen Schmerzursache mittels Erhebung einer ausführlichen Anamnese und bildgebender Verfahren, sondern auch, um nicht spezifische Ursachen für den Rückenschmerz ausfindig zu machen. Betrachtet man Schmerz als ein multifaktorielles Geschehen, kann sogar eine vermeintliche Ursache, die anhand bildgebender Verfahren erkennbar wird, die Gründe für Schmerzen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wiedergeben.
Zur genauen Unterscheidung der Schmerzursachen kann eine Infiltration der potenziellen Zielstrukturen an der Wirbelsäule erfolgen. Im Bereich der Etagendiagnostik an der Wirbelsäule führen gezielte Infiltrationen zu einer Eingrenzung der Schmerzursache (Schmerzgenerator), sodass die Zielstrukturen bei Notwendigkeit noch schonender weiterbehandelt werden können.
Bei einem Erfolg haben die Infiltrationen einen therapeutischen Nutzen, geben jedoch auch diagnostischen Anhalt, um weitere unspezifische Ursachen ausfindig zu machen.
Mikrochirurgie
Mikrochirurgische „offene Verfahren“ sind im Gesamtkontext der Wirbelsäulenchirurgie als minimalinvasiver Ansatz zur stabilitätsund funktionserhaltenden Behandlung von Erkrankungen der Wirbelsäule zu verstehen. Sie stellen heute weiterhin den „Goldstandard“ bei der Behandlung von lumbalen Spinalkanalstenosen und Bandscheibenvorfällen dar.
Die Betrachtung der Anfänge der operativen Behandlung lumbaler Spinalkanalstenosen und lumbaler Bandscheibenvorfälle zeigen, dass das Verständnis der Erkrankungen und der operativen Verfahren nicht simultan verlief: Im Jahr 1824 beschrieb Olivier den Zusammenhang zwischen einem verengten lumbalen Spinalkanal und der daraus resultierenden Lumboischialgie. Im Jahr 1934 gelang es Mixter und Barr, Bandscheibengewebe als Ursache für Kompressionssyndrome des Rückenmarks und Nervenwurzeln mit den entsprechenden klinischen Symptomen zu identifizieren [9]. Ausführliche Beschreibungen zur Ursache und chirurgischen Behandlung der lumbalen Spinalkanalstenose wurden von Verbiest [10], Eisenstein [11] und Postacchini [12] vorgestellt.
Die ersten chirurgischen Dekompressionsverfahren gehen auf Oppenheim und Krause im Jahr 1909 zurück [13]. Bereits diese frühen Anfänge der Wirbelsäulenchirurgie behandeln den Stabilitätsund Funktionserhalt des betroffenen Wirbelsäulensegments [14]. Die offenen Operationstechniken mit Entfernung des Wirbelbogens und der Gelenke konnten dem Anspruch eines Stabilitätsund Funktionserhalts des Wirbelsäulensegments jedoch nicht gerecht werden. Die klinischen Ergebnisse waren mit einer Erfolgsrate von 4 bis 44 % mäßig, und es kam zu postoperativen Beschwerden, verursacht durch Verletzungen der Nervenwurzeln, Muskeln, Bänder und Gelenke.
Yasargil [15] beschrieb 1977 den Einsatz eines Mikroskops zur Entfernung von Bandscheibengewebe bei 105 Patientinnen und Patienten in mikrochirurgischer Technik. Als Vorteile wurden die verbesserte Sicht und Beleuchtung, die präzise Identifizierung von Strukturen und eine sichere Blutungskontrolle durch bipolare Koagulation angegeben.
Casper [16] stellte 1977 fest, dass die lokalen Rückenbeschwerden bei offenen Verfahren durch das chirurgische Trauma im Bereich des Zuganges (Muskulatur) und des umliegenden Gewebes (Gelenke, Bandstrukturen) verursacht wurden. Zur schonenden Entfernung von Bandscheibengewebe propagierte auch er den Einsatz des Mikroskops und insbesondere die mikrochirurgische Technik.
Obwohl die Zusammenhänge zwischen der lumbalen Spinalkanalstenose und den klinischen Symptomen bereits früher bekannt waren als bei lumbalen Bandscheibenvorfällen, ist die mikrochirurgische offene Operation bei lumbaler Spinalkanalstenose eine jüngere Entwicklung [17].
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch die Einführung des Mikroskops und der mikrochirurgischen Technik die Erfolgsrate auf mehr als 90 % gesteigert werden konnte [18] (Abb. 2).
Spinale Endoskopie
Endoskopische Verfahren stellen eine Weiterentwicklung der minimalinvasiven Chirurgie dar, die mit dem Ziel verbunden war, Verletzungen im Zugangsweg (Muskel, Knochen, Bandund Nervenstrukturen) auf ein Minimum zu reduzieren. Vorteile bestehen auch in der verkürzten Operationsdauer, frühzeitiger Rehabilitation, reduziertem Krankenhausaufenthalt und schneller Rückkehr zur Arbeit [19, 20]. Im Vergleich zur offenen mikroskopischen Operationsmethode, welche auf den dorsalen Zugangsweg beschränkt war und mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko der Verletzung nervaler Strukturen, Gelenke und Bänder einherging, zielten die Anfänge der Endoskopie auf einen perkutanen transforaminalen Zugang ab (Abb. 3, 4).
Chemonukleolyse als Wegbereiter
Im Jahr 1963 stellte Smith [21] mit der „Chemonukleolyse“ eine Behandlungsmethode vor, bei der das Enzym Chymopapain durch eine Hohlnadel direkt in den Bandscheibenkern eingebracht wurde. Dieses Verfahren kann insoweit als Wegbereiter der spinalen Endoskopie angesehen werden, da im Vergleich zu den offenen Verfahren der Zugangsweg perkutan über das Nervenaustrittsloch (transforaminal) erfolgte. In den folgenden Jahren entwickelte sich die transforaminale spinale Endoskopie durch das wachsende Verständnis der Anatomie (Kambin Dreieck), durch den Zugangsweg (posterolateraler Zugang) und durch die Fortentwicklung chirurgischer Instrumente durch Kambin (1973) und Hijikata (1975) weiter [22, 23].
Anlehnend an die Chemonukleolyse erfolgte, wie von Yeung [24] beschrieben, das Einführen des Endoskops in die Bandscheibe (Insideout Technik). Die beschriebene Technik wies jedoch Limitationen auf, wie etwa die Schädigung umliegender vitaler Strukturen der Bandscheibe und einen minimierten Arbeitsbereich. Die Outsidein Technik wurde erstmals 2005 von Schubert und Hoogland eingeführt und erlaubte einen vergrößerten Arbeitsbereich und gezielte Entfernung des krankhaften Bandscheibengewebes, indem sie den verschiedenen Formen von Bandscheibenvorfällen durch einen vergrößerten Arbeitsbereich gerecht wurden [25]. Mit den Jahren verbesserten sich auch die Endoskope und die Visualisierung für die spinale Anwendung.
Die transforaminale spinale Endoskopie wurde vornehmlich für die Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen entwickelt. Die Technik wies jedoch auch Limitationen in Bezug auf das Segment LWK 5/SWK 1 (hoher Beckenkamm) und bei knöchernen Einengungen des Neuroforamens (Foramenstenose) auf. Der Zugangsweg durch das Neuroforamen erschwerte eine ausreichende Exploration des Spinalkanals, wie sie bei der Behandlung der Spinalkanalstenose notwendig ist. Zudem konnten dorsal des Duralsacks gelegene Bandscheibenvorfälle nicht gut erreicht werden. Aus diesem Grund wurde der interlaminäre Zugang entwickelt, der bei lumbaler Spinalkanalstenose eine verbesserte Dekompression des gesamten Spinalkanals erlaubt [26]. Der interlaminäre Zugang kann in zwei Techniken ausgeführt werden: uniportal mit einem gemeinsamen Zugang für das Endoskop und den Arbeitskanal und biportal mit jeweils einem Zugang für das Endoskop und den Arbeitskanal. Die Dekompression kann einseitig (unilateral) und zusätzlich zur Gegenseite (bilateral) erfolgen (Abb. 5, 6).
Fazit
Der Anstieg von Wirbelsäulenerkrankungen in einer alternden Bevölkerung mit verschiedenen Begleiterkrankungen verlangt eine gründliche Diagnostik zur Eingrenzung der Schmerzursache und schonende Verfahren zum Funktionserhalt bei verkürzter Behandlungsdauer. Um einen Erfolg der Behandlung zu gewährleisten, muss bereits in der Diagnostik das Augenmerk auf alle potenziellen Einflussfaktoren gelegt werden.
Sind konservative Maßnahmen ausgeschöpft, sollten die notwendigen Operationen so minimalinvasiv wie möglich durchgeführt werden. Das APEX SPINE Center in der ATOS Klinik München erfüllt durch die Philosophie „Fortschritt durch Spezialisierung“ höchste Ansprüche im Bereich der Diagnostik und der minimalinvasiven Chirurgie als ganzheitliches Konzept.