Mai 2025 – Ausgabe 45

Höchste Präzision bei Knieimplantaten: 200 robotergesteuerte Knieprothesen mit dem System ROSA®

In der ATOS Orthopädischen Klinik Braunfels unterstützt seit etwa einem Jahr das Robotersystem ROSA® die Operierenden bei der Implantation von Knieendoprothesen. Dr. med. Lucas Berger, Dr. med. Josef Dürager und Dr. med. Kai Peter Drastig berichten im Gespräch mit ihrer Kollegin Dr. med. Anna Maria Fritzsche.

Dr. Fritzsche: Herr Dr. Berger, wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Robotersystem ROSA®, das Sie bei Knieprothesenimplantationen unterstützt?

Dr. Berger: Wir sind aktuell die einzige Klinik in Hessen, die robotergestützte Knieprothesen implantiert. Im ersten Jahr haben wir 200 Knieprothesen mit der Unterstützung von ROSA® operiert. Es ist ein unglaublicher Schritt in die moderne Medizin. Wir führen den Eingriff immer noch mit den eigenen Händen durch. ROSA® hilft uns über einen Roboterarm vor allem dabei, die während der Operation notwendigen Schnitte mit einer sehr hohen Präzision durchzuführen. Das macht ROSA® besser, als es Menschen können.

Was erwarten die Patientinnen und Patienten von der Knieendoprothese?

Dr. Berger: Priorität hat selbstverständlich die Schmerzfreiheit. Betroffene möchten die Arthrosebeschwerden durch die Versorgung mit der Prothese beseitigt wissen. Die Ansprüche der Patientinnen und Patienten haben sich jedoch über die Jahre auch verändert; viele möchten wieder hohe sportliche Leistungen erbringen. Dafür ist ein beschwerdefreies Ergebnis wichtig. Die präzise Platzierung der Prothese ist entscheidend, um eine gleichmäßige Belastung des Gelenks zu gewährleisten. Dadurch können Komplikationen wie Lockerung, Instabilität oder vorzeitiger Verschleiß vermieden werden. Die Robotertechnologie liefert dem Chirurgenteam Echtzeitdaten, die millimetergenaue Bewegungen unterstützen. Zusätzlich helfen computergestützte Navigationssysteme, die Prothese präzise an die individuelle Anatomie der zu behandelnden Personen anzupassen. Dies trägt zu besseren Langzeitergebnissen und zu weniger Komplikationen bei. Wir sprechen hier von einem „Functional Alignment“. Für die Bandspannung ist es der optimale Zustand.

Die aktuelle Studienlage zeigt, dass mittels roboterassistierter Systeme die Präzision der Implantation von Knietotalendoprothesen verbessert wird. Können Sie das durch Ihre Erfahrungen bestätigen?

Dr. Berger: Auf jeden Fall. Es gibt Menschen mit starken Abweichungen in der Beinachse. Gerade in diesen Fällen ist der Roboter eine große Unterstützung. ROSA® berechnet in jeder Stellung des Beines, wie die Achse für die Betroffenen individuell am besten ist. So können wir die Winkel exakt berechnen lassen und die Prothese jeder Person optimal implantieren. Revisionsoperationen zur Nachbesserung sind dadurch selten geworden. Durch die Unterstützung des Roboters können wir postoperativ eine sehr gute Beweglichkeit im Gelenk beobachten. Die Patientinnen und Patienten beschreiben auch häufig das Phänomen „forgotten knee“. Das bedeutet, sie empfinden die Prothese als ihr eigenes Knie.

Die ATOS Orthopädische Klinik Braunfels liegt im AOK-Ranking in Hessen auf Platz 1. Was bedeutet diese Einstufung?

Dr. Dürager: Von der AOK werden regelmäßig Kliniken unter die Lupe genommen und bewertet. Das wissenschaftliche Institut der AOK hat die besten Kliniken für Hüftgelenkimplantationen ermittelt. Mit 408 Hüftprothesen (bei AOK-Versicherten) liegt die ATOS Orthopädische Klinik in Braunfels an erster Stelle in Hessen. Neben der Anzahl an Eingriffen liegt das Hauptaugenmerk auf der Qualität. Die AOK beurteilt Kliniken mit „Lebensbäumchen“. Die Auszeichnung mit drei Lebensbäumchen steht für überdurchschnittliche, sehr hohe Behandlungsqualität mit geringem Risiko für Komplikationen und unerwünschten Ereignissen. Unsere ATOS Klinik in Braunfels wurde von der AOK sowohl im Bereich Hüftendoprothetik als auch im Bereich Knieendoprothetik mit drei Lebensbäumchen ausgezeichnet (Abb. 2).

Die Operation am Knie wird nun vom Roboterassistenzsystem ROSA® unterstützt. Gibt es auch für die Eingriffe an der Hüfte eine robotische Assistenz?

Dr. Dürager: Nein, die Hüftoperationen führen wir ohne Roboter durch. Studien dazu konnten auf keine ähnlichen Erfolge verweisen, wie wir sie beim Einsatz des Roboters in der Knieendoprothetik verzeichnen können. Die Hüfteingriffe erfolgen wie gewohnt minimalinvasiv. Die Muskulatur wird verschont, man darf ab dem ersten Tag das Bein mit vollem Gewicht belasten.

Auch Betroffene, die eine Knieprothese erhalten, dürfen ab dem ersten Tag mit vollem Gewicht die Prothese belasten. Wir arbeiten nach dem Prinzip „Rapid Recovery“. Ziel ist es, bereits etwa drei Stunden nach dem Eingriff das Bein zu belasten. Hierfür haben wir ein hoch professionelles Physiotherapeutenteam, das diese Schritte bereits auf der IMC begleitet.

Verlängert die robotische Assistenz die Operationszeit?

Dr. Dürager: Mittlerweile nicht mehr. Als der Roboter neu bei uns im OP eingezogen ist, musste sich das gesamte OP-Team zunächst darauf einspielen. Da wir jedoch sehr viele Erkrankte operieren, war die Routine rasch da, sodass die OP-Dauer inzwischen mit und ohne Roboter in etwa gleich lang ist.

Wie werden Patientinnen und Patienten in der Klinik auf den Eingriff vorbereitet?

Dr. Dürager: Es gibt seit Januar 2025 ein zusätzliches Vorbereitungsprogramm, denn Prehabilitation ist ein wichtiger Aspekt. Je mehr die Betroffenen über den Eingriff und den Ablauf wissen, desto schneller verläuft die Regeneration. Die Person ist früher mobil, der Weg zurück in den Alltag verläuft reibungsloser. Für Patientinnen und Patienten mit OP-Termin gibt es einen Vortrag, der wöchentlich angeboten wird, und eine praktische Einheit in Zusammenarbeit mit der physiotherapeutischen Praxis Physio Aktiv Zentrum. Hier werden die Betroffenen in Theorie und Praxis auf die Operation vorbereitet. Aber auch in unserer Sprechstunde führen wir sehrausführliche Gespräche. Am Prämedikationstag, eine Woche vor dem OP-Termin, besteht nochmals die Möglichkeit, bei dem Arztgespräch Fragen zu stellen. Auf der Website unserer Klinik findet man ferner unter dem Thema OP-Vorbereitung ein Video, mit dem man sich ebenfalls vorab über die gesamten Abläufe informieren kann. Zusätzlich gibt es regelmäßige öffentliche Patienteninfoveranstaltungen mit verschiedensten Themen.

Dr. Drastig, Sie sind als dritter Chefarzt neu im Team. Wie sind Ihre ersten Erfahrungen in der Klinik Braunfels?

Dr. Drastig: Es ist eine großartige Erfahrung in einem Team zu sein, das mit einer derartigen Routine und Professionalität arbeitet. Ich freue mich auf die Aufgabe, dieses hervorragende Team durch mein Wissen im Bereich Wechselendoprothetik ergänzen zu dürfen.

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