Oktober 2024 – Ausgabe 44
Darstellung peripherer Nerven mittels hochauflösender MR-Neurographie (Nerven-MRT)
Dr. med. Christian Rother
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Schlüsselwörter: MR-Neurographie, Polyneuropathie, Kompressionsneuropathie, Nervenscheidentumore
Die MR-Neurographie ist ein Untersuchungsverfahren zur Darstellung peripherer Nerven, mit dem Neuritiden und z. B. diabetische Polyneuropathien ebenso diagnostiziert werden können wie Kompressionsneuropathien.
Technik der MR-Neurographie
Bei der MR-Neurographie, oder auch kurz Nerven-MRT, handelt es sich um eine spezielle MRT-Untersuchung, bei der mithilfe von hochauflösenden Sequenzen die peripheren Nerven dargestellt werden können. Bei diesem Untersuchungsverfahren benutzt man spezialisierte Aufnahmetechniken in Kombination mit hochauflösenden Empfangsspulen. Auf diese Weise ist es möglich, den Ort der Nervenschädigung präzise zu bestimmen, und zwar auch in Körperregionen, die sonst nur sehr schwer einsehbar sind.
Die Untersuchung findet meistens in Rückenlage statt und dauert, je nach Körperregion, etwa 30 bis 45 Minuten. Bei manchen Fragestellungen ist die Gabe eines intravenösen Kontrastmittels notwendig. Aufgrund des hohen technischen Aufwands und der nötigen Expertise wird dieses Untersuchungsverfahren noch nicht flächendeckend angeboten.
Nachfolgend möchten wir einen Überblick über die Indikationen und die Möglichkeiten der MR-Neurographie geben.
Neuritiden und Polyneuropathien
Erkrankungen der peripheren Nerven zählen in Deutschland mit einer Prävalenz von fünf Prozent zu den häufigen, oft unerkannten Krankheitsbildern. Zum Spektrum dieser sog. Neuropathien gehören unter anderem Neuritiden und Polyneuropathien, hier sind die Ursachen meist entzündliche oder autoimmune Prozesse. Häufigste Ursache ist Diabetes mellitus, bei dem es durch die hohen Blutzuckerspiegel zu einer Schädigung der peripheren Nerven kommt. Auch Alkoholmissbrauch ist eine häufige Ursache für Polyneuropathien. Oft ist keine eindeutige Ursache auszumachen, man spricht dann von einer idiopathischen Polyneuropathie.
Zu den autoimmunologisch bedingten Neuropathien gehört beispielsweise das Guillain-Barré-Syndrom. Auch Medikamente, Infektionskrankheiten oder eine bösartige Erkrankung sowie ein Vitaminmangel können zu einer Neuropathie führen. Die Patientinnen und Patienten klagen über Taubheit und Missempfindungen vor allem an den Extremitäten.
Kompressionsneuropathien der oberen Extremität
Ein großer Teil der Krankheitsbilder ist zudem auf sog. Kompressionsneuropathien zurückzuführen. Hier kommt es durch eine pathologische Engstelle im Körper zu einer Druckschädigung eines peripheren Nerves, was sich in Schmerzen und Missempfindungen widerspiegeln kann. Häufige Kompressionsneuropathien der oberen Extremität sind beispielsweise das Karpaltunnelsyndrom (Abb. 1) und das Sulcus-ulnaris-Syndrom (Abb. 2), anatomisch korrekt Kubitaltunnelsyndrom, hier kommt es zu einer Druckschädigung des Medianus- bzw. Ulnarisnerves. Bemerkbar macht sich das in Taubheit und Missempfindungen der ersten drei bzw. des vierten und fünften Fingers. Auch Pathologien des Hals-Nerven-Geflechts, des sog. Plexus brachialis, zum Beispiel eine Druckschädigung durch eine Halsrippe, lassen sich mittels Nerven-MRT darstellen (Abb. 3).
Kompressionsneuropathien der unteren Extremität
Auch an der unteren Extremität kommen diese Kompressionsneuropathien vor. Bei der Meralgia paraesthetica entsteht beispielsweise eine Taubheit an der vorderen Oberschenkelaußenseite durch Druckschädigung eines Hautnerves. Auch das Piriformis-Syndrom ist hier zu nennen, hier kommt es durch eine Kompression des Ischiasnervs zu Schmerzen im Bereich der Gesäßregion, die in das Bein ausstrahlen können (Abb. 4). Beim Tarsaltunnelsyndrom wird auf Höhe des Knöchels der Tibialisnerv geschädigt, was Schmerzen im Fußbereich hervorruft (Abb. 5). Schmerzen im Bereich des Fußballens können auf eine Morton-Metatarsalgie zurückzuführen sein, hier kommt es ausgehend von einer Kompression zu einer gutartigen Wucherung der feinen Nerven der Fußsohle und schließlich zu Schmerzen und Missempfindungen.
Nervenscheidentumoren
Seltenere, aber ebenfalls in Betracht zu ziehende Ursachen von Schmerzen, Lähmungen oder Gefühlsstörungen sind Tumore der peripheren Nerven. Diese können einzeln oder kombiniert vorkommen, sind überwiegend gutartig und gehen meist von den nervenumhüllenden Markscheiden aus. Häufigster gutartiger Tumor ist das Neurinom/Schwannom, seltener sind Neurofibrome oder Perineuriome.
Nervenschädigung durch Unfälle
Bei Unfällen kann es zu durch Zerrung oder (Teil-)Durchtrennung zu einer dauerhaften Schädigung der Nerven kommen. Die Folge sind gutartige Wucherungen des Nervengewebes, sog. Neurome, die wie auch die Nervenscheidentumoren zu Schmerzen und Missempfindungen führen können.
Für privat versicherte und selbst zahlende Patientinnen und Patienten bieten wir die MR-Neurographie ab dem vierten Quartal 2024 in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis in der ATOS Klinik Heidelberg an.